Münchner Momente:Linienbus auf Abwegen

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Seit jeher fahren die Busfahrer ihre Busse brav zu den angezeigten Stationen. Eigentlich. Auch bei der MVG haben sie mal Fahranfänger

Kolumne von Philipp Crone

Man nimmt ja viel zu viel für selbstverständlich. Was aber erst klar wird, sobald es mal schief geht. Dass Bohren beim Zahnarzt mit minimalstinvasiver Mikrobetäubung nicht mehr weh tut, normal. Dass einem die gemeine Münchner Viktualienmarkttaube bei jeder Gelegenheit auf die Hutkrempe scheißt, logisch. Oder dass heute jeder Münchner SUV eine eingebaute Passanten-Bespritzungsautomatik enthält, die schon zehn Meter im Voraus die Distanz zum Ziel auf dem Bürgersteig und die Tiefe der Straßenpfütze samt optimalem Anfahrtsweg berechnet, klar. Außerdem besitzen diese Wagen ja mittlerweile auch eigene Kameras zum Parken, um jederzeit mindestens zwei Parkplätze zu belegen. Das alles: serienmäßig. Genauso selbstverständlich fahren seit jeher die Busfahrer ihre Busse brav an den angezeigten Stationen entlang.

Aber auch bei der MVG haben sie mal Fahranfänger. Neulich biegt der junge Mann im 185er so zielgerichtet an der Eggenfeldener Straße ab, als hätte die Pfützen-Automatik übernommen. Dann wird es leise im Bus, Schrittgeschwindigkeit, Frage an den Fahrgast: "Das war grad falsch, ne?" Anschließender Monolog hinter dem Lenkrad: "Das darf doch nicht wahr sein." "Da muss ich umdrehen." Kam nur leider keine Einfahrt, die tief genug gewesen wäre.

Andererseits: Falsch abbiegen könnte viel schlimmere Folgen haben. Zum Beispiel auf dem Max-Joseph-Platz. Oder der 185-Busfahrer hätte die S 8 bei Hallbergmoos mit Blinker rechts in die Felder gelenkt. Oder sogar den Flug LH 185 kurz nach dem Start falsch gesteuert. Die Szenerie vorne im Cockpit, wenn sich der Pilot umdreht, den rechten Arm auf den rechten Platz, Blick zurück durch den Gang, vorbei an den aufgerissenen Augen der Businessclass-Gäste. Die haben gerade ihren Schlamm-SUV auf zwei Plätzen im T1 abgestellt und sehen nun zu, wie der Pilot den Rückwärtsgang sucht.

Kollege "Darf doch nicht wahr sein" ist dann übrigens nicht umgedreht, sondern einen Umweg gefahren und kam zu spät an der nächsten Haltestelle an. Damit war alles wieder ganz normal.

© SZ vom 26.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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