Gäbe es den Christopher Street Day nicht, den CSD, mit seiner dazu gehörenden Parade, wäre München um einiges ärmer. Der Umzug ist jedes Jahr wieder sehenswert: vorneweg die "Dykes on Bikes", die lesbischen Motorradfahrerinnen, dahinter 86 andere Gruppen, teils zu Fuß, teils auf bunt dekorierten Wagen, von den Schwuhplattlern bis hin zum lesbisch-schwulen Netzwerk in der CSU. Letztere Gruppe, die sich LSU kürzelt, sollte man nicht unbedingt mit der Gesamtpartei gleichsetzen, schon allein, weil die CSU-Fraktion im Stadtrat vergangenes Jahr noch gegen die schwul-lesbischen Ampelmännchen gestimmt hatte. Aber gut, auch bei den Schwarzen begreifen mittlerweile manche, dass es so etwas wie eine bunte Realität jenseits weiß-blauer Familien-Tümelei gibt.
Diesmal sind die Ampeln ohne große Debatten für den CSD umdekoriert worden, die einzigen, die sich in diesen Tagen in ein braunes Erdloch eingraben und sich darüber ärgern dürften, sind die von der AfD, die erst jüngst wieder für eine Veranstaltung mit dem hirnrissigen Titel "Familie statt Gender" geworben hatten. Jetzt sind im Glockenbachviertel wieder auf ein paar Ampeln oben zwei rote lesbische Ampelmädchen zu sehen, unten zwei schwule grüne Jungs . Natürlich könnte man sich jetzt fragen, warum ausgerechnet die Frauen für Stillstand an der Kreuzung stehen und die Männer für den Fortschritt. Das könnte man, wenn man wollte, schon wieder als Diskriminierung deuten. Und wer sich die Pressemitteilung von diesem Donnerstag anschaut, "CSD: Grüne München kämpfen international für gleiche Rechte für LGBTTIQ*", muss eh bezweifeln, dass es mit Ampeln mit nur zwei Symbolen in nur zwei Farben überhaupt getan ist. LGBTTIQ* steht für Lesbian, Gay, Bisexual, Transsexual, Transgender, Intersex, Queer; der * ist der sogenannte Gender Star, der dafür sorgen soll, dass ja kein Geschlecht sprachlich benachteiligt wird.
Okay, regenbogenfarbene LGBTTIQ-Sternchenampeln würden auch den versiertesten Verkehrsteilnehmer überfordern, aber hübsch anzusehen wären sie zumindest. Nur eine sehr präsente Spezies auf der Straße würde sich von sieben verschiedenen Signalen nicht aus der Ruhe bringen lassen: die Münchner Radfahrer. Die sehen an Kreuzungen sowieso grundsätzlich grün.