Münchner Momente:Fleischeslust und Pflanzenslust

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Die "VeggieWorld" wirbt für einen pflanzlichen Lebensstil. Dabei wäre das doch gar nicht so erstrebenswert

Von Karl Forster

Es gibt einerseits heutzutage für fast alles Gedenk- oder Feiertage. Zum Beispiel den Tag der Blockflöte am 10. Januar (international), den Welttag der Feuchtgebiete (betreut nicht von Charlotte Roche, sondern von der Ramsar-Konvention der Unesco) oder, am kommenden Freitag, den Tag des Lächelns (World Smile Day). Natürlich gibt es auch einen "Tag der Vegetarier", man beging ihn an diesem Sonntag, auch wenn man es auf der Wiesn nicht gemerkt hat. Schaut man sich andererseits die Programme der großen Messegesellschaften an, gibt es auch hier für nahezu jedes Thema eine passende Veranstaltung, in München im Oktober von der "Bits & Pretzels" über die "Fachmesse für Veterinärmedizin" bis zu den "Beauty Days". Auch da darf natürlich der Vegetarier nicht fehlen: Am kommenden Wochenende findet im MVG-Museum Münchens "VeggieWorld" statt, zum vierten Male schon.

Man wirbt hierfür auf den Plakaten mit einem "pflanzlichen Lebensstil". Das ist insofern ungewöhnlich, weil zum Beispiel das Wörterbuch "Wahrig" schreibt, pflanzlich bedeute "nach Art der Pflanzen". Denkt man den Werbespruch und Wahrigs Deutung konsequent zu Ende, hieße dies, einen Lebensstil zu pflegen, der sich am Leben beispielsweise eines Gänseblümchens oder Salatkopfes orientiert. Beachtet man dabei, dass Gänseblümchen meistens mit dem Rasenmäher gemetzelt und Salate mit dem Messer geköpft werden, erscheint ein pflanzlicher Lebensstil nicht mehr so erstrebenswert. Und es wird mit Sauerampfer, Steinpilz oder Weintraube nicht besser. Oder will irgendjemand als Maische enden?

Nun ist es der Veganer ja gewohnt, von Karnivoren etwas spöttisch behandelt zu werden, spätestens seit der Veggie-Day Deutschlands Grüne vor vier Jahren beinahe in den Abgrund geführt hätte. Aber es ist halt so, dass, vergleicht man die Begriffe "Pflanzenslust" mit der eher bekannten "Fleischeslust", zwischen beiden schon eine gewisse Kluft klafft. Dabei wollen sich doch auch die Veganer vermehren.

© SZ vom 05.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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