Münchner Momente:Ein "Nein" der Gemütlichkeit

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Noch mehr Tische und Stühle in der Fußgängerzone, muss das sein? Wo kommen wir denn dahin, wenn der Anlieferverkehr Slalom fahren muss? Und am Ende gibt es noch Nachahmer...

Kolumne von Andreas Schubert

Es soll ja Menschen geben, die in einer Fußgängerzone auch noch etwas anderes tun, als zu Fuß zu gehen. Diese Menschen hocken sich doch glatt im Freien auf Stühle und bestellen sich ein Bier oder einen Kaffee oder, noch schlimmer, etwas zum Essen. Die Stadt hat es seit jetzt bald 47 Jahren krass versäumt, gegen diesen Missstand vorzugehen. Und so flacken die Touristenmassen neben unverbesserlichen Einheimischen, zum Beispiel vor dem Augustiner in der Neuhauser Straße, vor dem Donisl oder dem Wildmoser am Marienplatz - und sind nichts anderes als ein Hindernis für all jene, die es für unanständig halten, Bier, Kaffee- und Schweinsbratenkonsum öffentlich zur Schau zu stellen.

Gut, dass zumindest der Bezirksausschuss Altstadt-Lehel ein bisschen mitdenkt und gegen weitere Auswüchse ins Feld zieht. Dem Gremium ist aufgefallen, dass in der Dienerstraße, die seit noch nicht allzu langer Zeit zwischen Marienplatz und Marienhof eine Fußgängerzone ist, der Ratskeller seine Gäste künftig auch im Freien abfüllen will. Da hat der Wirt seine Rechnung ohne uns gemacht, denken sich die Bezirksausschüssler da und stellen sich bei diesem Vorhaben quer. Wo käme man da auch hin? Schließlich wolle der Anlieferverkehr ja künftig nicht Slalom fahren, heißt es zur Begründung. Und: Man wolle bei anderen benachbarten Innenstadt-Wirten bloß keine Begehrlichkeiten wecken. Dass es in dem besagten Fußgängerzonen-Abschnitt außer - wenn auch nur indirekt - dem Hofer Stadtwirt kein anderes Lokal gibt: geschenkt. Aber wer weiß: Vielleicht kommt ja das Kaufhaus Beck auch auf die Idee und will irgendwas im Freien verkaufen, womöglich zieht es auch München-Ticket oder das Musikaliengeschäft Bauer & Hieber ins Freie. Dann könnte es wirklich eng werden.

Wenigstens ist es unwahrscheinlich, dass der Dallmayr in nächster Zeit auf die Idee kommt, draußen was aufzustellen. Erstens ist dort die Dienerstraße noch keine Fußgängerzone, zweitens ist der Marienhof mindestens die nächsten acht Jahre noch Großbaustelle, hat also eher weniger Potenzial zum Freischank-Hotspot. Bis der Bezirksausschuss sich dann wieder einen neuen Grund für ein "Nein" zurechtschnitzen muss, dauert es also noch ein bisschen. Jede andere Antwort wäre schlicht eine Enttäuschung.

© SZ vom 13.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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