Münchner Momente:Die Kunst der guten Laune

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Außer Tristesse hat der November nicht viel zu bieten - da sollte man die Höhepunkte im Leben zählen und genießen. Nur was gehört da in Corona-Zeiten alles dazu?

Kolumne von Laura Kaufmann

Der November ist ein Monat, dem kein besonders guter Ruf nachhängt. Die goldenen Oktobertage sind Vergangenheit, die bunten Blätter gefallen, Äste ragen kahl in einen nasskalten Himmel. Falls so etwas wie Tageslicht auf die Erde fällt, ist es schon am späten Nachmittag wieder von der Dunkelheit verschluckt. Kein Wunder, dass die Feiertage im November Volkstrauertag, Buß- und Bettag und Totensonntag heißen. Es ist also schon unter normalen Begebenheiten eine Herausforderung, im November seine Laune zu wahren. In diesem Jahr grenzt es an Kunst.

Als positiv gestimmter Mensch lässt es sich also als Glücksfall betrachten, im November geboren zu sein; schließlich, vorausgesetzt, man kann Geburtstagen etwas abgewinnen, erlangt der Monat damit ein Highlight, das sich nach Belieben ausgestalten lässt. Endlich die neue Ausstellung im Lenbachhaus ansehen und vielleicht mal wieder ins Theater, mittags mit der Familie eine Bouillabaisse bei Fisch Witte löffeln oder auf einen Kuchen und Tratsch im Lieblingscafé vorbeischauen; abends je nach Alter, das es zu feiern gilt, mit einer trauten Runde irgendwo auf die Sonnenstraße, schick ausgehen, groß feiern oder einfach in die Lieblingskneipe.

Das Geheimnis des Glücks ist, statt der Geburtstage die Höhepunkte des Lebens zu zählen, das wusste schon Mark Twain. Was böte sich also mehr an, als aus einem Geburtstag einen Höhepunkt zu machen? Zählt es schon, mal etwas anderes als eine Jogginghose zu tragen? Wie verwerflich wäre es, mehrere Freunde zu treffen, natürlich nicht gleichzeitig, sondern in Schichten? Sektfrühstück mit einem Haushalt, Dinner mit einem anderen? Oder lieber Spazieren gehen, und Kuchen to go essen mit Abstand und Maske? Zugegebenermaßen haben in diesem Jahr nicht nur Novembergeborene Geburtstagspech, und natürlich gibt es wichtigere Dinge, vorausgesetzt, man liegt altersmäßig schon eine Weile im zweistelligen Bereich. Es bleibt, weiter die Kunst der Launenerhaltung zu betreiben und hoffnungsfroh nach vorne zu blicken. Auf Weihnachten zum Beispiel.

© SZ vom 05.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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