Münchner Momente:Besonderheiten der Krise

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Die Corona-Zeit bringt in der Stadt ihre ganz eigenen Farben, Geräusche und Internet-Angebote hervor

Kolumne von René Hofmann

Rot-Weiß, Rot-Schwarz, Gelb-Schwarz: Das sind die Farben der Krise. Am Spielplatz, wenn der Wind in die kreuz und quer gespannten Absperrbänder knattert, flattern sie. Im Bus, wo die Bänder den Fahrer davor schützen sollen, angesprochen zu werden, rascheln sie im Vorbeigehen. Und vor der Käsetheke im Supermarkt, wo sie auf den Boden geklebt wurden, um den Mindestabstand zur Verkaufsfachkraft zu markieren, knatschen sie unter den Sohlen leise, weil sie inzwischen schon etwas Patina angesetzt haben. Die Krise - sie hat auch ihre Geräusche.

Wer noch in ein Büro gehen darf, der kennt das - selbst wenn das Büro jetzt dort ist, wo sonst die Kinder schlafen. Vieles ist durcheinander geraten. Vieles hat sich neu geordnet. Wobei sich viel Neues lernen lässt. Früher gab es im Büro den "Küchenzuruf": Das Wichtigste, was es zu sagen gab, sollte in einen Satz passen, der sich auch neben einer in Turbo-Stufe saugenden Dunstabzugshaube verstehen ließ. Derlei Rufe verhallen gerade ungehört. Aber es gibt andere Formen des Miteinanders, rein virtuelle, die ganz neue Herausforderungen stellen: Wo auf der Telefontastatur ist der Hashtag, mit dem sich Einlass in die Telefonkonferenz finden lässt? Und wo der Stummschalter für das Mikrofon? Rasselnder Atem in großer Runde: Vermutlich ist es das, was vielen in den Köpfen bleibt, wenn diese Lungenkrankheit endlich wieder geht.

Es sind Tage des Neuen, Tage voller vieler kleiner Kämpfe. Wobei schon auffällt, dass ein jeder seinen ganz eigenen Kampf zu schlagen hat. Oder wie sonst lässt sich das Angebot eines Steuerberaters deuten, der auch in München viele Kunden hat: Er bietet jetzt "Webinare" an, Vorträge im Internet also. Zu vielen Themen. Eines aber sticht heraus. "Anlässlich der Unsicherheiten und Ungewissheiten im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie und der damit verbundenen Zukunftsängste erreichen uns in den letzten Tagen vermehrt Anfragen von Mandanten, die um Beratung im Hinblick auf die Vorsorge für den Krankheits- und Todesfall bitten", schreibt der Finanzexperte. Weil das Interesse so groß sei, gebe es nun also ein Webinar mit Antworten rund ums Thema "Vorsorgeplanung und Erbfolge". Die Teilnehmerzahl ist allerdings begrenzt. Interessenten müssen sich mit der Anmeldung beeilen.

© SZ vom 02.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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