Münchner Momente:Alles auf Angriff

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In der letzten Vollversammlung des Stadtrats sollte der Wahlkampf eigentlich kein großes Thema sein. Doch so ganz wollten sich die Parteien nicht daran halten

Kolumne von Heiner Effern

Die Wahl am 15. März und der Wahlkampf, sie sollten eigentlich nicht das Dauerthema sein in dieser Stadtratssitzung. Auch wenn es die letzte Vollversammlung davor war. Darin waren sich alle Stadträte grundsätzlich einig. Allerdings nur, so lange es die anderen betraf. Sogar auf die Tagesordnung hatte sich der Wahlkampf geschlichen. Gleich fünf dringliche Anträge waren eingereicht worden, die zwar alles andere als zeitlich dringlich waren, aber Munition für den Wahlkampf boten.

Schon bei der Diskussion darüber, ob diese Anträge zuzulassen seien, watschten sich die Parteien kräftig ab. CSU, Grüne, FDP und noch einige zwangen etwa die SPD und Stadtbaurätin Elisabeth Merk über eine Liste von Straßen zu diskutieren, auf denen neue Radwege anstelle von Autospuren oder Parkplätzen errichtet werden sollen. Diese mögen SPD und Merk nicht vor der Wahl herausrücken, weil angeblich die Planungstiefe fehle. Der Stadtrat ließ sie auflaufen, die Liste muss noch vor der Wahl her.

Die Grünen wiederum knöpften sich die CSU vor: Jetzt wisse er, was der Söder meine, wenn er vom schlechten Wahlkampf der Münchner Parteikollegen spreche, kommentierte Stadtrat Sebastian Weisenburger deren Sitzungsverhalten. Auch die Bayernpartei nutzte die Gelegenheit, um sich noch einmal in ihrer ganzen, hauptsächlich durch Überläufer gewonnenen Stärke zu präsentieren. Was die CSU mit der Annahme des Radbegehrens und dem nun folgenden Kampf gegen Radwege treibe, sei "Verarschung", sagte Richard Progl. Als sich die SPD aus seiner Sicht zu kräftig freute, gab er dieser eine nette Prognose für die Zeit nach der Wahl mit. "Was wir definitiv haben werden, das sind weniger SPD-ler."

OB Reiter reagierte zynisch auf so viel Wahlkampf, hielt dann aber doch mit. Die CSU sei populistisch, die FDP brauche mit ihrem Lindner nicht über die Bundeschefs anderer Parteien zu lästern und im Übrigen sei es ihm "scheißegal", wie andere Fraktionen an nicht ausgereifte Vorlagen gekommen seien, die er wieder einkassiert hatte. Herr der Tagesordnung sei immer noch er, der Oberbürgermeister. In dieser Funktion betrieb er dann auch noch Anti-Wahlkampf. Als seine SPD-Bildungsreferentin Beatrix Zurek eine verschleppte Vorlage zu den Gebühren privater Kitas nochmal bis September verschieben wollte, fuhr er ihr ordentlich in die Parade. Eltern bräuchten schneller Planungssicherheit, sagte er. Scheißegal, ob grad Wahlkampf ist oder nicht.

© SZ vom 20.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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