Münchner Momente:Die wahren Herrinnen des Sommers

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An der Nacktschnecke lässt sich diesen Sommer nicht vorbeigehen. (Foto: Bill Allsopp/Imago)

Wie nichts Vergleichbares stehen die Nacktschnecken auf den Wiesen für den Sommer in der Stadt - gerade nach den Regenfällen der vergangenen Wochen. Eine Glosse.

Von Andreas Schubert

Jetzt, da es häufiger geregnet hat, freuen sich die Schnecken wieder über mehr Bewegungsfreiheit. Noch mehr freuen sich dann all jene, die im Englischen Garten oder an der Isar barfuß so ein Schleimvieh zertreten. Wie nichts Vergleichbares steht das Gefühl von klebrigem Baaz zwischen den Zehen für den Sommer in der Stadt. Vielleicht hat Günther Sigl von der Spider Murphy Gang bei der Textzeile "Ja i lieg vui liaber mit Dir im Gras..." einst sogar an eine schöne, pralle Nacktschnecke gedacht, auch wenn er bevorzugt von "jungen Hasen" sang.

Selbst wenn man sich jetzt lieber nicht vorstellen mag, wie sich so ein Schneck unterm T-Shirt oder an anderen sonst verborgenen Körperregionen anfühlt, wäre es zumindest nicht abwegig gewesen. Während der Artenreichtum bei den Hasenartigen überschaubar ist, zieht sich durch Bayern buchstäblich eine riesige Schleimspur: 299 Weichtierarten sind im Freistaat heimisch, ein Großteil davon gehört zu den geschützten Arten.

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Und womöglich hat sich das Landesamt für Denkmalpflege von dieser beeindruckenden Vielfalt inspirieren lassen, als es vor ein paar Jahren die als "Schnecke" bekannte Tiefgaragenabfahrt am Max-Joseph-Platz unter Denkmalschutz hat stellen wollen.

Das hat Bayerns Generalkonservator Mathias Pfeil neulich verraten. Warum es dann doch nicht so weit kam, ließ er dabei offen. Es ist gut vorstellbar, dass es den Denkmalpflegern peinlich gewesen wäre, auf immer und ewig als Schneckenschützer in die bayerische Geschichtsschreibung einzugehen. Vielleicht befürchtete man sogar einen Knatsch mit den eigentlich fürs Schneckenschützen zuständigen Kollegen vom Landesamt für Umwelt wegen Eingriffs in deren Kompetenzbereich. Wahrscheinlicher aber ist, dass den Bewahrern des Alten und Schönen irgendwann dämmerte, dass es schlicht eine Schnapsidee war, eine Parkhauseinfahrt zum Kulturgut zu erheben.

So genau weiß man's nicht. Den Nacktschnecken auf Münchens Wiesen dürften solche Befindlichkeiten aber herzlich egal sein - ebenso, dass sie nicht zu den geschützten Arten zählen und wie kaum eine andere Spezies geschmäht werden. Denn eines wissen die braunen Schleimer: Sie sind und bleiben die wahren Herrinnen des Sommers.

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