München:Zurückhaltender Elektrobus-Start

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Im Februar diesen Jahres war ein Elektrobus des niederländischen Herstellers schon mal kurz in der Innenstadt unterwegs. Nun kauft die MVG zwei davon. (Foto: mvg)

Die MVG kauft zwei strombetriebene Fahrzeuge für den Testlauf auf der Linie 100

Von Marco Völklein

Von Mitte 2016 an wird die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) zwei Busse mit vollelektrischem Antrieb einsetzen. Die entsprechende Bestellung schickte MVG-Chef Herbert König am Mittwoch los. Beschafft werden die Stromer beim niederländischen Hersteller Ebusco, der sich im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung durchgesetzt hat. Der Kaufpreis für die beiden Busse inklusive der Ladevorrichtungen liegt laut MVG bei gut einer Million Euro. Die Landeshauptstadt gewährt ihrer Verkehrstochter dafür eine Förderung über 1,35 Millionen Euro, um nicht nur die Busse zu beschaffen, sondern auch die Werkstätten umzurüsten sowie den Testlauf wissenschaftlich begleiten zu lassen.

Einsetzen will die MVG die beiden Busse von kommendem Sommer an zunächst auf der Linie 100, die vom Ostbahnhof nördlich einmal um die Altstadt herum zum Hauptbahnhof führt. Man werde dabei "laufend Daten erheben, um die Performance und den Energieverbrauch genau analysieren zu können", sagt König. Die Batterien der beiden Fahrzeuge sollen über Nacht im Betriebshof aufgeladen werden. Tagsüber will die MVG prüfen, ob sie die vom Hersteller versprochene Tagesfahrleistung von etwa 300 Kilometer schaffen. Die zwei Busse unterscheiden sich nur unwesentlich voneinander. Einen entscheidenden Unterschied aber gibt es: Während der eine Bus aus seiner Batterie heraus beheizt wird, werden die Ingenieure in dem anderen Fahrzeug eine zusätzliche Diesel-Heizung einbauen. Dies sei vor allem im Winter entscheidend, argumentiert die MVG: Tests mit anderen Elektro- und Hybridbussen hätten gezeigt, dass die Heizung in der kalten Jahreszeit zum Teil so viel Energie aus den Akkus zieht, dass die Reichweite erheblich darunter leidet. Eine hohe Zuverlässigkeit sei somit nicht zu garantieren. Die aber sei Voraussetzung dafür, dass die MVG ihre Flotte in größerem Umfang auf Busse mit E-Antrieb umstellt.

Ohnehin ist die MVG bei Elektrobussen zurückhaltender als andere Verkehrsbetriebe. In Hamburg zum Beispiel betreibt das dortige Verkehrsunternehmen, die Hochbahn, eine ganze Linie, auf der mehrere Busse mit diversen Antrieben getestet werden. Der Hamburger Senat hat die Hochbahn zudem dazu verdonnert, vom Jahr 2020 an nur noch emissionsfreie Busse zu beschaffen, um bei der Luftreinhaltung und der Klimapolitik weiterzukommen (was freilich nur klappt, wenn die Busse mit Strom aus regenerativen Quellen geladen werden). Auch in Berlin, Köln und Braunschweig sind bereits mehrere Elektrobusse im Einsatz - mal werden deren Batterien über Nacht im Betriebshof geladen, mal tanken die Fahrzeuge tagsüber an speziell umgerüsteten Haltestellen neuen Strom. Im Münchner Stadtrat hatte sich König schon mehrfach den Vorwurf anhören müssen, er sei zu zögerlich, wenn es um den Einsatz der neuen Technik geht.

Doch der MVG-Chef bleibt bei seiner Linie. "Vollelektrische Busse sind klar unser Zukunftsziel", sagt König. Für mehr als einen auf lange Sicht angelegten Test sei aber "die Zeit derzeit noch nicht reif". Bislang hätten die Fahrzeughersteller lediglich Prototypen auf den Markt gebracht, es gebe aktuell mehr als 20 verschiedene Entwicklungslinien und Anwendungsfälle - und noch könne niemand abschätzen, was sich am Ende durchsetzen werde. Und welcher dieser vielen Ansätze sich wirtschaftlich betreiben lasse.

© SZ vom 22.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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