Wohngeld:Strategie gegen das Bürokratiemonster

Lesezeit: 2 min

Der abgespeckte Wohngeld-Antrag soll dazu beitragen, dass die Aktenberge in der Wohngeldstelle des Amtes für Wohnen und Migration schneller abgebaut werden können. (Foto: Stephan Rumpf)

Wer in München einen Mietzuschuss beantragt, muss ein Jahr oder sogar länger auf die Bearbeitung warten. Ein auf die Stadt zugeschnittenes, vereinfachtes Verfahren soll helfen. Ob das reicht, wird indes angezweifelt.

Von Sven Loerzer

Die Möglichkeit, Wohngeld zu erhalten, weckt in einer Stadt der teuren Mieten hohe Erwartungen: Viele Menschen versuchen, in München den nach einem aufwendigen, komplizierten Verfahren errechneten Mietzuschuss zu erhalten - und gehen dann doch leer aus. So sehr sich das Sozialreferat auch unter drei verschiedenen Sozialreferenten in den vergangenen Jahrzehnten abgemüht hat, mit jeder Wohngeldreform sind die Bearbeitungszeiten eher noch gestiegen, allen Aufstockungen des Personals und der Zentralisierung der Antragsbearbeitung zum Trotz. Derzeit müssen Antragsteller mehr als ein Jahr warten.

Neue Hoffnung auf eine Beschleunigung setzt die Stadt nun in den "Münchner Weg" - ein von acht auf vier Seiten verkürztes Antragsformular. "Ich freue mich, dass das bayerische Bauministerium meinem Vorschlag, einen vereinfachten Wohngeldantrag in München zu verwenden, zugestimmt hat", erklärte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). "So kann die Antragstellung vereinfacht und die Bearbeitungszeit verkürzt werden", mit dem Ziel, dass die Bürgerinnen und Bürger "schneller ihr Wohngeld erhalten."

Vor einem Jahr, kurz nach Inkrafttreten des Wohngeld-Plus, das deutlich mehr Menschen mit geringem Einkommen einen höheren Mietzuschuss bringen sollte, hatte die Wohngeldstelle knapp 12 000 nicht oder nicht abschließend bearbeitete Anträge vorliegen, inzwischen sind es rund 17 500. Der vereinfachte Antrag soll vom 18. März an in den Sozialbürgerhäusern und der Stadtinformation vorliegen. Der bayerische Bauminister hat der Verwendung vorerst bis Ende des Jahres zugestimmt. Nicht nur der Umfang des Formulars ist deutlich reduziert, auch die Zahl der Fragen hat sich drastisch verringert, von 32 auf nur noch elf. Dadurch ist auch die Gestaltung übersichtlicher geworden. Nach Angaben des Sozialreferats konnte beispielsweise auf Fragen verzichtet werden, deren Daten schon von anderer Stelle erhoben wurden.

Alle Wohngeldanträge werden zentral in der Werinherstrasse 87 bearbeitet. (Foto: Stephan Rumpf)

Allerdings bekräftigte Reiter, dass mit dem "Münchner Weg" das Ziel bislang nicht erreicht sei, "die Regelungen zum Wohngeld insgesamt zu entschlacken und zu vereinfachen". Es sei dringend notwendig, das Verfahren weiter zu vereinfachen, um die Anträge der wirklich Berechtigten schnell bearbeiten zu können. Auch der bayerische Bauminister Christian Bernreiter (CSU) hat das Verfahren kritisiert: "Die Beantragung von Wohngeld ist aufgrund der bundesrechtlichen Vorschriften sehr komplex." Selbst mit digitalen Verfahren seien "die Regelungen viel zu komplex für eine einfache Antragstellung und eine zügige Auszahlung durch die Wohngeldbehörden". Die Münchner Sozialreferentin Dorothee Schiwy sprach von einem "Bürokratiemonster".

Dazu kommt nach Angaben des Sozialreferats die schwierige Personalsituation. In München ist die Antragszahl seit der letzten Reform um 45 Prozent gestiegen. Die Zahl der Berechtigten sei von 0,4 Prozent aller Haushalte auf 1,2 Prozent aller Haushalte angewachsen. Viele der Antragstellerinnen und -steller seien aber nicht berechtigt. Im Jahr 2022 hatte nicht einmal jeder zweite bearbeitete Antrag auf Wohngeld Erfolg. Christian Köning, Vorsitzender der SPD/Volt-Stadtratsfraktion, forderte, das Antragsverfahren zu verschlanken, "damit die Hilfen auch schnell zur Entlastung bei den Mieterinnen und Mietern ankommen".

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMietmarkt
:Wer kann sich München überhaupt noch leisten?

Die Lage auf dem Mietmarkt in der Stadt ist dramatisch wie nie. Eine Datenauswertung der SZ zeigt, welche Wohnungen für welche Berufstätige überhaupt noch bezahlbar sind.

Von Maryam Ahmed, Vivien Götz, Alexandra Ketterer und Oliver Schnuck

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: