München:"Wir müssen handeln"

Lesezeit: 2 min

So geht's: In der Schlau-Schule München an der Schwanthalerstraße können Flüchtlinge analog zum Programm der Mittelschule einen Abschluss erwerben. (Foto: Robert Haas)

Landrat Christoph Göbel (CSU) denkt über einen eigenen Schulstandort für Flüchtlingskinder im Südosten nach

Von Martin Mühlfenzl, München

Wenn die Ängste bei Informationsveranstaltungen zum Thema der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen zwar nicht abgearbeitet, aber zumindest vorübergehend beseitigt sind, rückt meist ein anderer Aspekt in den Vordergrund: Wie kann es gelingen, die zahlreichen Kinder und Jugendlichen in den Schulen des Landkreises einzugliedern? Sind die Lehrer und auch Schüler überhaupt in der Lage, diese Aufgabe zu leisten? Landrat Christoph Göbel (CSU) beantwortet diese Fragen ganz eindeutig mit "ja".

Gleichwohl der Christsoziale auch weiß, dass die Einflussnahme des Landkreises selbst begrenzt sein wird. Bildungspolitik ist Ländersache - das Kultusministerium ist dafür verantwortlich, die Schulen mit den notwendigen finanziellen, aber vor allem personellen Mitteln auszustatten. Darauf muss sich auch der Landkreis München verlassen. Doch Landrat Göbel ist gewillt, das geringe Maß an Einfluss, das der Landkreis besitzt, einzusetzen und sinnvoll zu nutzen. Die Rahmenbedingungen hierfür sind sehr einfach: Jedes Flüchtlingskind hat ein Anrecht auf einen Kindergartenplatz - nach drei Monaten Aufenthalt. Ältere Kinder und natürlich auch Jugendliche hingegen unterliegen selbstverständlich der Schulpflicht.

In der vergangenen Woche hat Göbel nun klar gemacht, wie sich der Landkreis zügig auf die neue Situation einstellen will. In Ottobrunn erklärte der Landrat, die Kreispolitik fasse für die südöstlichen Kommunen des Landkreises einen eigenen Schulstandort für Flüchtlingskinder ins Auge. Dieser könnte neben Ottobrunn etwa Gemeinden wie Neubiberg, Hohenbrunn, Putzbrunn, aber auch Unter-, Oberhaching oder Taufkirchen miteinbeziehen. "Integration funktioniert vor allem über Bildung und Sprache", sagte Göbel. "Ich kann mir vorstellen, hier auch neue Wege zu gehen."

Denn der Landkreis steht als bevölkerungsreichster seiner Art vor besonderen Herausforderungen. Über allem schwebt die Zahl von 9000 Menschen, denen die 29 Kommunen bis Ende des Jahres eine feste Unterkunft werden bieten müssen. Eine Zahl freilich, die nicht in Stein gemeißelt ist, denn noch ist nicht absehbar, wie sich die weiteren Zahlen angesichts der kritischen Lage in den Herkunftsregionen entwickeln werden.

Hinzu kommt, dass die Ereignisse der Silvesternacht in Köln auch im Landkreis München ihre Spuren hinterlassen haben - das wurde zuletzt bei der Informationsveranstaltung für eine mögliche Flüchtlingsunterkunft in Ottobrunn deutlich. Zahlreiche Bürger machten dort lautstark und vielfach aggressiv offen ihre Bedenken gegen eine Siedlung dieser Art mit bis zu 13 Häusern deutlich. Landrat Göbel aber stellte auch nach der Veranstaltung klar, er - und mit ihm die Fraktionen im Kreistag und die Bürgermeister - würden Kurs halten: "Es gibt überhaupt keine Alternative dazu, wir müssen handeln, Unterkünfte suchen und bauen, Integrationsarbeit leisten und die Menschen davon überzeugen, dass all das richtig ist."

Die Probleme freilich werden mit einer Maßnahme nicht geringer: Bereits Anfang Februar könnte der Landkreis bis zu zehn Turnhallen in Kommunen von Neuried über Pullach bis Feldkirchen als Notunterkünfte belegen - Ärger mit Bürgern, Schulleitern und freilich auch Eltern ist dabei programmiert. Der Landkreis aber habe keine andere Wahl, sagt Landrat Göbel, schließlich könne er nicht von jetzt auf gleich unzählige Wohnungen aus dem Boden stampfen. "Wir müssen Zeit gewinnen", sagt Göbel.

© SZ vom 18.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: