München:Verteilungsfragen

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Die 25 Bezirksausschüsse bekommen von 2018 an mehr finanziellen Spielraum. Aber noch fehlen die Richtlinien, wie sie die zusätzlichen drei Millionen Euro ausgeben dürfen

Von B. Neff, M. Fritsche und R. Winkler-Schlang, München

Es hört sich nach einem Luxusproblem an: Die 25 Münchner Bezirksausschüsse (BA) haben plötzlich vier Mal mehr Geld zur Verfügung wie früher, wissen aber nicht, wie sie es ausgeben dürfen. Im Sommer 2017 hatte der Stadtrat mit großer Mehrheit beschlossen, den Stadtviertel-Gremien drei Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Pro Einwohner gibt es zwei Euro zusätzlich zum bisherigen BA-Etat. Seitdem wird diskutiert, nach welchen Kriterien die Bezirksausschüsse diesen Geldsegen unters Volk bringen können. Klar ist bisher, dass die neuen Richtlinien zum Jahresbeginn, da das neue Stadtbezirksbudget in Kraft getreten ist, noch nicht vorliegen. Und es wird auch noch einige Zeit verstreichen, bis es soweit ist, denn vor Verabschiedung dieser Vergabekriterien sollen noch die Bezirksausschüsse angehört werden.

Das wird die Stadtteil-Gremien jedoch nicht davon abhalten, die Zuschüsse an Vereine und andere kulturelle oder soziale Initiativen wie gewohnt auszuzahlen. "Wenn wir warten, bis die Richtlinien fertig sind, werden wir das Geld überhaupt nicht mehr ausgeben können", konstatierte Günter Keller (SPD), der Vorsitzendes des Bezirksausschusses von Sendling-Westpark in der letzten BA-Sitzung des vergangenen Jahres. Er berichtete seinen Kollegen, dass sich die BA-Vorsitzenden bei ihrem Treffen zum Thema Stadtbezirksbudget möglichst viel Freiheit gewünscht hätten, was die Vergabe des Geldes betrifft.

Deshalb lehnen sie einen sogenannten Positivkatalog ab, in dem die Stadtverwaltung - vertreten durch das zuständige Direktorium - auflistet, was aus dem neuen BA-Budget finanzierbar ist. Sie wünschen sich lediglich einen Beispielkatalog, weil sie "möglichst wenig eingeschränkt werden wollen", wie es Keller in seinem Bericht zusammenfasste.

Diskutiert wurde bei diesem Treffen auch, wie die Bürger ihre Wünsche für Verbesserungen oder gar neue Einrichtungen im Viertel an den Bezirksausschuss herantragen sollen. Einige BA-Vorsitzende hätten es am liebsten, wenn die Bürger die entsprechenden Formulare zentral, also beim Direktorium, einreichen würden. Eine Mehrheit entschied sich jedoch dafür, zunächst selbst über solche Zuschuss- oder Finanzierungsanträge zu entscheiden.

Erst wenn sich die BA-Mitglieder darüber einig sind, dass sie ein bestimmtes Projekt aus dem Stadtbezirksbudget finanzieren wollen, soll dieser Antrag per Formular an das Direktorium oder an das für die Ausführung zuständige städtische Referat weitergeleitet werden. Wichtig ist den BA-Chefs auch, dass aus dem neuen Budget nicht nur städtische Leistungen im engeren Sinne finanziert werden sollen. Sie wollen das Recht haben, daraus auch Aufträge an externe Dienstleister zu beschließen und zu finanzieren.

Details zum Stadtbezirksbudget wurde in den vergangenen Wochen in mehreren der 25 Stadtbezirke diskutiert. In Moosach zum Beispiel, wo sich der finanzielle Spielraum von 35 000 Euro auf 108 000 Euro im Jahr erhöht, sieht man durchaus neue Möglichkeiten, den öffentlichen Raum nach den Wünschen der Bürger zu gestalten. Die Bezirksausschussvorsitzende Johanna Salzhuber (SPD) denkt da vor allem an neue Bänke zum Ausruhen, an zusätzliche Ausstattung an Spielplätzen, mehr Mülleimer oder aber Hinweisschilder an Denkmälern. Im Moosacher BA rätselt man allerdings noch, ob aus dem neuen Budget nur die Anschaffung an sich zu leisten wäre, nicht aber die sich daraus ergebenden Folgekosten. Salzhuber dazu: "Folgekosten muss der BA angeblich nicht tragen."

Unsicher darüber, wie das neue Budget zu handhaben sein wird, zeigte sich auch der Bezirksausschuss Berg am Laim. Ein Beispiel: Bisher hatte der Verein "Spielen in der Stadt" im Viertel pro Jahr vier öffentliche Spielaktionen für Kinder angeboten, zwei davon hatte der Bezirksausschuss finanziert, zwei der Stadtrat. Nun stellte der Verein den Antrag, dass der Bezirksausschuss für 2018 alle vier bezahlen solle, denn ob wieder Geld vom Stadtrat fließen werde, sei leider völlig ungewiss. Das sei ja nun just zu diesem Zeitpunkt schon ein wenig "auffällig", urteilte CSU-Sprecher Fabian Ewald. "Es kann auch Zufall sein", antwortete der BA-Vorsitzende Robert Kulzer (SPD). Das Ansinnen des Vereins jedenfalls brachte das Gremium in die Bredouille, denn bereits jetzt über so viel Geld aus dem neuen Topf zu entscheiden, sah man sich nicht in der Lage.

"Wir bekommen zwar 2018 deutlich höhere Zuwendungen, aber keiner weiß, womit die Bezirksausschüsse künftig in die Pflicht genommen werden", erklärte SPD-Sprecher Thorsten Bötzow. Kulzer ergänzte, ein Bezirksausschuss dürfe zwar dann auch städtische Leistungen in Auftrag geben, "es gibt aber bisher keine Handreichung aus dem Direktorium, was solche Leistungen sind und was die kosten". Die Entscheidung über die zwei zusätzlich zu finanzierenden Aktionen wurde sicherheitshalber vertagt - auch auf die Gefahr hin, das später keine Termine mehr frei sind.

© SZ vom 02.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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