"Verschleiertes Pfandleihgeschäft":Und plötzlich ist das Auto weg

Lesezeit: 2 min

Verpfänden und trotzdem weiterfahren: Was verlockend klingt, wurde für viele Kunden von Pfando zum Ärgernis, weil sie ihr Fahrzeug "versehentlich" verkauft hatten. Das Landgericht erklärt die Verträge nun für nichtig.

Von Susi Wimmer

"Sie benötigen Bargeld ohne Schufa-Auskunft?", fragt der ehemalige Fußball-Nationalspieler Lothar Matthäus in die Kamera. Und dann hat das Werbegesicht des Kfz-Pfandleihhauses Pfando gleich die Lösung parat: sofort Geld erhalten und das eigene Auto einfach weiterfahren.

Klingt verlockend, war es aber für einen Kunden nicht. Denn nach einem halben Jahr stand die Polizei vor seiner Tür und nahm sein Auto einfach mit. Nach Meinung von Pfando hatte der Kunde seinen Wagen nicht verpfändet, sondern verkauft. Dem widersprach jetzt die 40. Zivilkammer des Landgerichts München I. Sie erklärte den Vertrag mit Pfando für nichtig. Hält das Urteil auch in letzter Instanz, könnten alle Kunden, die ihren Wagen "versehentlich" an Pfando verkauft haben, ihre Fahrzeuge wieder zurückklagen.

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Der Fall spielt in München, und nach Auskunft von Cornelia Kallert, Pressesprecherin am Landgericht München I, ist es bei weitem nicht der einzige. Mehr als 20 Klagen gegen Pfando laufen alleine seit Februar 2019 in München. Anfang 2019 war es auch, als ein Autobesitzer mit akuten Liquiditätsproblemen bei der Pfando-Niederlassung in München vorstellig wurde und das "Cash-and-Drive-Prinzip" in Anspruch nehmen wollte. Er fuhr mit seinem Mercedes Benz Vito vor, überließ Pfando den Fahrzeugschein Teil II sowie einen Zweitschlüssel, und erhielt im Gegenzug 7500 Euro cash auf die Hand. Dann brauste er mit seinem Auto davon, in der Annahme, er habe den Wagen verpfändet.

Nach sechs Monaten stand plötzlich die Polizei vor der Tür

Tatsächlich aber hatte er bei Pfando zwei Verträge unterschrieben: Mit dem einen verkaufte er seinen Wagen an Pfando, mit dem anderen mietete er sein eigenes Auto für sechs Monate zurück zum Preis von monatlichen 637, 50 Euro. Nach einem halben Jahr stellte Pfando Strafanzeige und schickte dem Kunden an seinem Schweizer Wohnort die Polizei ins Haus, die den Mercedes sicherstellte. Pfando gab den Wagen dann sofort an eine Drittfirma zum Verkauf weiter.

Der Autobesitzer beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung, bekam vor Gericht Recht - und nach etlichen Scherereien sein Auto zurück. Er klagte nun vor dem Landgericht München I, da er die beiden Verträge mit Pfando für unwirksam hielt. Außerdem wollte er seinen Zweitschlüssel und die Autopapiere wieder zurück haben.

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Tatsächlich folgte die 40. Zivilkammer vollumfänglich dem klagenden Autobesitzer. Sie urteilte, dass die Verträge null und nichtig seien, da mit ihnen ein "verschleiertes Pfandleihgeschäft" abgeschlossen werde. Damit würde Pfando die Schutzvorschriften der Pfandleihverordnung umgehen, ganz abgesehen auch davon, dass der Pfandzins bei Pfando weit höher als der in der Pfandleihverordnung festgesetzte gewesen sei.

Die Mietzinsen und das Auto muss das Pfandleihhaus zurückgeben

Summa summarum ist Pfando den Mercedes ohnehin wieder los, zudem auch noch die 7500 Euro, die sie dem Autobesitzer bar ausbezahlt hatte. Denn laut Gericht habe Pfando den Gesetzesverstoß und damit die Nichtigkeit des Vertrages selbst verursacht. Und zu guter Letzt muss das Pfandleihhaus dem Autofahrer die monatlichen Mietzinsen, die er bezahlt hatte, zurück erstatten. Also noch einmal 3825 Euro.

Sollte das Urteil (Az: 40 O 590/21) rechtskräftig werden, könnten alle Pfando-Kunden, die ebenfalls diese beiden Verträge unterzeichnet haben, ihr Auto zurückfordern, und ebenso den Mietzins.

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