München:Tagen ohne Vorberaten

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Künftig nur Plenumssitzungen wie hier in Untergiesing-Harlaching? (Foto: Robert Haas)

Die Bezirksausschüsse sollen Unterausschuss-Treffen absagen

Das Direktorium der Stadt legt den 25 Münchner Bezirksausschüssen nahe, die für Januar anberaumten Unterausschuss-Sitzungen abzusagen. Das Schreiben, das die Stadtteilgremien am Mittwoch erreichte, ist die Folge der Entscheidung von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) zwei Tage zuvor, die Ausschuss-Sitzungen des Stadtrats im Januar pandemiebedingt entfallen zu lassen. Im Gremium von Schwabing-West, in dessen Sitzung das Thema am Mittwochabend zuerst aufschlug, reagierten die Lokalpolitiker wenig begeistert auf den Wunsch aus dem Rathaus. Sie halte das für "nicht zielführend", meinte die Vorsitzende Gesa Tiedemann (Grüne). Denn bei Absage der Unterausschüsse müssten sämtliche Themen in der Vollversammlung besprochen werden - "und das dauert dann ewig".

Dass Kontaktbeschränkungen in Zeiten wie diesen mit hohen Inzidenzwerten der entscheidende Faktor sind, um die Weiterverbreitung des Coronavirus einzudämmen, darin sind sich Forscher wie Politiker einig. Im Bezirksausschuss (BA) Aubing-Lochhausen-Langwied hatten die Bürgervertreter deshalb schon vor einer Woche mit Unverständnis auf die Forderung der Regierung von Oberbayern reagiert, sich für Unterausschuss-Sitzungen weiterhin persönlich treffen zu müssen. "Es sollte doch möglich sein, bei Bedarf auch virtuell tagen zu können", schlug Vize-Chef Boris Schwartz (Grüne) alternativ vor. "Schließlich fällen BA-Unterausschüsse keine Entscheidungen, sondern sind nur vorberatend tätig." Auch in anderen Bereichen werde vieles dank Meeting-Tools wie Zoom oder Webex online erledigt. Zu dem von den Westschwabinger Kollegen befürchteten Themenstau käme es bei dieser Lösung jedenfalls nicht. Schwartz hatte einen Antrag formuliert, der die Regierung und die Stadt aufforderte, sich mit diesem Thema noch einmal kritisch auseinanderzusetzen. Der Antrag wurde einstimmig verabschiedet.

Dem steht allerdings die Bayerische Gemeindeordnung entgegen. Weil politische Mitbestimmung und Meinungsbildung Grundpfeiler der Demokratie sind, schreibt die Rechtsordnung bei Sitzungen von Stadtrat wie Bezirksausschuss Präsenzveranstaltungen vor - damit jeder Bürger, der möchte, an den Treffen teilnehmen kann.

Die Diskrepanz zwischen Regierung und Aubings Stadtteilvertretern liegt in der Bewertung des Entscheidungsrechts: Während die Lokalpolitiker sagen, die Unterausschüsse hätten lediglich "vorbereitende Funktion" und Themen könnten deshalb auch virtuell besprochen werden, ist für die Regierung von Oberbayern "kein Grund ersichtlich, weswegen die Frage des Sitzungserfordernisses bei vorberatenden Unterausschüssen anders bewertet werden sollte als bei vorberatenden Ausschüssen". Und nach dieser Lesart sollten bei Absage der Stadtrats-Ausschüsse auch die Unterausschüsse eine Pause einlegen.

© SZ vom 18.12.2020 / eda - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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