Städtische Verwaltung:Trennung im Guten

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Das Referat für Gesundheit und Umwelt in der Bayerstrasse 28a. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Aus dem Referat für Gesundheit und Umwelt werden jetzt zwei separate Behörden. Grüne und SPD hoffen, dass nun vor allem beim Klimaschutz mehr passiert.

Von Heiner Effern

Die Trennung des Referats für Gesundheit und Umwelt in zwei selbständige Häuser ist nun offiziell beschlossen. Der Stadtrat sprach sich in der Vollversammlung am Mittwoch mit großer Mehrheit gegen die Stimmen von ÖDP, FDP, AfD, Freien Wählern und Bayernpartei für die Neuordnung der Verwaltung aus. Formal sollen das neue Gesundheitsreferat und das Referat für Klima- und Umweltschutz vom 1. Januar 2021 an getrennt arbeiten. Die beiden Chefposten sollen so schnell wie möglich ohne Ausschreibung besetzt werden. Grüne und SPD einigten sich bereits darauf, dass die jetzige Stadtschulrätin Beatrix Zurek (SPD) das Gesundheitsreferat übernehmen wird. Die Spitze des künftigen Umweltreferats können die Grünen vorschlagen. So ist es im Koalitionsvertrag festgelegt.

Für die Sozialdemokraten bezeichnete Fraktionschefin Anne Hübner die Entscheidung als "sinnvoll und richtig". Man habe während der Pandemie gesehen, dass "verständlicherweise" Themen im Bereich Umwelt liegen geblieben seien. Dabei müsste es dort aber wegen des Ziels, die Stadt bis 2035 klimaneutral zu machen, deutlich schneller gehen. Die Grünen betonten, dass auch der Zeitpunkt der richtige sei - trotz der Pandemie. "Warten hilft nicht, Krisen zu bewältigen. Wir müssen jetzt starten", sagte die Fraktionsvorsitzende Anna Hanusch.

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Das Wort Krise bezog sich hierbei nicht nur auf das Coronavirus, sondern auch auf den Klimawandel. Eine städtische Gesellschaft, die sich gerade auf dem Weg raus aus der Krise befand und dann von der Pandemie voll erwischt wurde, wird nun in neue Verantwortung überführt: Das Klinikum München wird spätestens zum 31. Juni 2021 nicht mehr von der Kämmerei, sondern vom Gesundheitsreferat betreut. Außerdem hatten Grüne und SPD vereinbart, dass die Bereiche Stadtgüter und Forst sowie der Abfallwirtschaftsbetrieb (AWM) vom Kommunalreferat ins neue Umweltreferat wandern sollen. Im Gegenzug durfte die SPD dafür die Spitze des Gesundheitsreferats mit Zurek besetzen, die als Stadtschulrätin einen Chefposten auf Abruf innehatte. 2022 dürfen die Grünen die Chefin oder den Chef des Referats Schule und Sport auswählen.

Von einer fixen Verabredung wollte jedoch nach Kritik aus der Opposition und wohl auch aus den eigenen Reihen SPD-Fraktionschef Christian Müller in der Stadtratssitzung nichts mehr wissen. Auch die Grünen, die das Paket auf Nachfrage bestätigt hatten, geben sich zwei Wochen später zurückhaltend. Man sei in Gesprächen, die Materie sei komplex, sagte Co-Fraktionschef Florian Roth. Die noch bis 2024 amtierende Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU) erklärte, Stadtgüter, Forst und AWM seien in ihrem Haus gut aufgehoben. Da sollten sie auch bleiben.

Während ihre CSU den Teilungsbeschluss mittrug und darauf verwies, dass die damalige OB-Kandidatin Frank die Trennung als erste vorgeschlagen hatte, gab es von ÖDP und FDP harte Widerworte. "Es ist jetzt nicht die Zeit, zwei neue Referate zu gründen", sagte Tobias Ruff, der Vorsitzende der Fraktion aus ÖDP und Freien Wählern. Er hält es auch für fachlich falsch, die Kliniken wieder ins Gesundheitsreferat zu geben. "Das waren sie schon mal, und das hat nicht geklappt." Zudem sei in Zeiten des Klimanotstands im vergangenen Jahr so gut wie nichts für die Umwelt geschehen und nun werde es nochmals genauso lange dauern, bis das neue Klimaschutzreferat richtig arbeite. Zudem würden mit der neuen Auf- und Zuteilung von Aufgaben oftmals Aufsicht und ausführende Arbeit in einem Referat gebündelt. Das leiste der "Spezlwirtschaft" Vorschub. Die Liberalen wiederum warfen der Koalition offen eigennützige Motive vor. "Wir brauchen immer mehr Stellen, um die neue Stadtratsmehrheit zu versorgen", sagte Jörg Hoffmann, der Fraktionschef von FDP und Bayernpartei. Die Trennung erschließe sich ihm nicht. Die Referate würden weiterarbeiten wie bisher, nur mit neuen Chefs. Das könnte aber auch einer alleine schaffen. "Man kann große Häuser mit großer Kompetenz führen."

Grün-Rot macht mit dem Beschluss eine Entscheidung aus einer Zeit rückgängig, als die Regierung noch rot-grün war. 1997 beschloss die Mehrheit im Stadtrat, die selbständigen Referate für Gesundheit und Umweltschutz zusammenzulegen, weil man glaubte, den wechselseitigen Beziehungen so am besten entsprechen zu können. Die Verantwortung für die städtischen Krankenhäuser war 2014 nach der gerade abgewendeten Pleite vom Referat für Gesundheit und Umwelt in die Kämmerei verlagert worden. Dort wurde nun sechs Jahre lang die Sanierung vorangetrieben, auf der Basis eines neuen medizinischen Konzepts und grundlegender Bauarbeiten. Diese Sanierung soll nun wieder das Gesundheitsreferat weiterführen.

© SZ vom 01.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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