Sozialprojekt:Prominente Hilfe für Kinder mit Problemen

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"Es ist viel passiert": Sozialpädagoge Thomas Beck mit Regisseur Michael Bully Herbig. (Foto: Artists for Kids)

Seit 20 Jahren unterstützt "Artists for Kids" Jugendliche dabei, schwierige Lebensphasen zu bewältigen. Die ambulante Betreuung kann eine Heimunterbringung meistens verhindern.

Von Katharina Federl

Jährlich werden Tausende Kinder in Deutschland Opfer von häuslicher Gewalt. Doch nicht nur mit Problemen oder Verlusten innerhalb der Familie haben viele junge Menschen zu kämpfen, auch nicht ausreichende schulische Leistungen, Suchtkrankheiten und Mobbing können Gründe für eine psychische oder körperliche Überforderung sein. Das Projekt "Artists for Kids" will benachteiligten und gefährdeten Kindern und Jugendlichen in München zeigen, dass sie mit ihren Problemen nicht alleine sind und dass selbst die schwierigsten Lebensphasen gemeinsam überwunden werden können.

In Zusammenarbeit mit den Filmproduzenten Bernd Eichinger und Thomas Peter Friedl hat der Sozialpädagoge Thomas Beck das Projekt "Artists for Kids" vor 20 Jahren ins Leben gerufen. Seine Idee war, die Popularität und Kreativität von Filmschaffenden für den sozialen Bereich zu nutzen und Prominente aktiv an der pädagogischen Arbeit zu beteiligen. Das geschieht etwa bei den alljährlichen Jugendkulturtagen, wo Profis aus Film, Kunst und Sport kostenfreie Workshops für die Kinder anbieten. Doch auch in finanzieller Hinsicht profitiert das Projekt von seinen prominenten Unterstützern wie Nina Eichinger, Doris Dörrie und Uwe Ochsenknecht. Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums werden rund 20 Objekte und unverkäufliche Erlebnisse von und mit Prominenten versteigert. Unter anderem kann man Bully Herbig bei der Premiere von "Der Schuh des Manitu" treffen, Max von Thun bei einer privaten Lesung zuhören oder Chantals Radio aus "Fack ju Goehte 3" ersteigern. Alle Einnahmen kommen der Kinder- und Jugendarbeit des Projekts "Artists for Kids" zugute.

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"Es ist viel passiert", sagt Beck, wenn er auf die letzten 20 Jahre zurückblickt. Damit meint er nicht nur, dass sein pädagogisches Team anstatt aus drei mittlerweile aus rund 30 Sozial- und Heilpädagoginnen und -pädagogen besteht. Auch die Hilfsangebote haben sich über die Jahre vervielfacht. Neben einer Verselbständigungsgruppe gibt es seit 2013 auch eine sogenannte Rückführungsbegleitung, die sich auf die Betreuung nach Aufenthalten in Kinder- und Jugendpsychiatrien spezialisiert. "Das fliegende Klassenzimmer" heißt das 2003 gegründete Schulprojekt der "Artists for Kids", das sich an Jugendliche ohne Schulabschluss richtet.

In Kleingruppen werden Schülerinnen und Schüler zwischen 15 und 21 Jahren ein Jahr lang intensiv auf den externen qualifizierenden Hauptschulabschluss ("Quali") oder die Mittlere Reife vorbereitet. Jugendliche mit starken Gruppen- und Schulängsten oder anderen psychiatrischen Störungen werden zwei Jahre lang in einem "schulischen Schutzraum" betreut. "Fast 100 Prozent unserer Jugendlichen schaffen ihren Abschluss", sagt Beck. In Regelschulen liege die Quote nur bei 20 bis 25 Prozent. Das Hauptbetätigungsfeld ist seit Gründung des Projekts die Ambulante Erziehungshilfe. Diese kann kostenfrei beim zuständigen Jugendamt beantragt werden, welches die hilfesuchenden Kinder, Jugendlichen und Familien dann an die Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen der "Artists for Kids" weiterleitet. Diese erstellen einen Hilfeplan für die Betroffenen, der nicht nur das konkrete Problem, sondern auch die zu erreichenden Ziele erfassen soll. "Das Hilfesetting ist völlig unterschiedlich", sagt Beck. Behandelt werden etwa Jugendliche, die Hilfe bei der Wohnungssuche oder Bewerbung brauchen, junge Mütter, die Erziehungsratschläge benötigen oder Kinder, die familiäre Todesfälle verarbeiten.

Der Unterschied zu anderen Hilfeformen ist, dass die Betreuung in einem ambulanten Rahmen erfolgt: Während der Betreuung können Kinder und Jugendliche in ihrem gewohnten Umfeld bleiben. "Wenn das Wort Jugendamt fällt, denken viele sofort an Kinderheime", sagt Beck und betont, dass eine Heimunterbringung durch frühzeitige Hilfe meistens verhindert werden könne. Rund 50 bis 60 Kinder und Jugendliche werden derzeit von dem Projekt betreut, jedem und jeder einzelnen ist über ein bis zwei Jahre eine konstante Betreuungsperson zugeteilt. Je nach Bedarf finden in drei bis zehn Wochenstunden Einzeltermine, Gruppenstunden und Hausbesuche statt, um eine möglichst intensive Förderung zu gewährleisten.

Auch eine Vielzahl an Freizeitaktivitäten bietet das Projekt jungen Menschen an. Neben Fahrradtouren, Zeltübernachtungen und Tagesausflügen steht dem Projekt seit 2013 ein altes Bauernhaus im Allgäu zur Verfügung, das in diesem Jahr vergrößert und renoviert werden soll. Dieses nutzt das Projekt regelmäßig für Ferienfahrten, Kreativworkshops und akute Krisenaufenthalte.

Die Versteigerung findet auf der Website www.unitedcharity.de/Specials/Artists-for-Kids statt

© SZ vom 04.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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