Stadtentwicklung:Eine neue Vision von München

Lesezeit: 3 min

Spaß beim Ausprobieren: Stadtbaurätin Elisabeth Merk mit VR-Brille an der Kreuzung Herzog-Wilhelm-Straße/Kreuzstraße. (Foto: Florian Peljak)

Mit VR-Brillen ist es jetzt möglich, geplante Umgestaltungen detailgetreu zu zeigen - etwa die Sonnenstraße als grüner Boulevard. Noch allerdings ist das ein exklusiver Spaß.

Von Andreas Schubert

Der Blick schweift über eine breite Fläche, auf der ganz entspannt Fußgänger und Radler unterwegs sind. Daneben viele Bäume, die Schatten spenden und die Luft kühlen. Autos gibt es auch, aber die sind hinter der Grünfläche auf der anderen Seite der Straße. Die Sonnenstraße, heute noch ein viel befahrener Abschnitt des Altstadtrings, soll irgendwann einmal ein Boulevard werden. So stellt sich das die Stadtpolitik vor, so wünschen es sich viele Münchner. Das Planungsreferat hat nun eine erste Vision entwickelt, wie dieser Boulevard Sonnenstraße aussehen könnte. Mit VR-Brillen, die diese künstliche - womöglich auch künftige - Realität zeigen, stellt das Referat diese Pläne nun der Öffentlichkeit vor.

Der Clou: Wer die Brille aufhat, kann mit einem Knopfdruck auf einer Konsole zwischen dem aktuellen Stand und dem künftigen hin und her schalten. Die Bilder sind relativ realistisch, vergleichbar mit der Optik in einem Computerspiel. Die Hausfassaden sind allerdings noch gesichtslos, da steckt für Stadtbaurätin Elisabeth Merk noch Entwicklungspotenzial drin.

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Weil das Referat nur zwei VR-Brillen besitzt, kommen zunächst nur Politiker aus Stadtrat und Bezirksausschuss in den Genuss der Bilder. Künftig sollen dann auch Anwohner diese neue Form der Beteiligung in Anspruch nehmen können.

Blick in die Zukunft: Mit VR-Brillen lässt sich erleben, wie neuralgische Plätze künftig aussehen könnten. (Foto: Florian Peljak)

Die "Vision", wie Merk es nennt, geht von einem Boulevard auf der Innenstadtseite aus. Doch diese Pläne sind nur ein erster Schritt. Die kürzlich vom Bund Naturschutz (BN) vorgestellte Idee eines Münchner "Central Parks" könnte in weiteren Planungen ebenso berücksichtigt werden.

Man befinde sich im Austausch, sagt Merk. Die städtischen Vision unterscheidet sich von der Idee des BN vor allem dadurch, dass bei ihr die Tramgleise in der Mitte der Sonnenstraße bleiben. Beim "Central Park" würden die Gleise an die Straßenränder verlegt, sodass in der Mitte eine parkähnliche Grünfläche entstünde. Was sich in Zukunft dauerhaft umsetzen lässt und was das Ganze dann kosten würde, werden weitere Planungen zeigen.

Die Sonnenstraße ist Teil des "Freiraumquartierskonzepts Innenstadt", das sich zunächst auf die Bereiche Sonnenstraße, Herzog-Wilhelm-Straße und Tal konzentriert. Hier sollen die Visionen erprobt und erfahrbar gemacht werden. Auch für die Herzog-Wilhelm-Straße gibt es schon eine Vision, die mit der VR-Brille besichtigt werden kann. Hier gehört der Raum ebenso vor allem den Fußgängern, in der Parkfläche fließt dann bereits der offengelegte Stadtbach.

Für Merk sind diese Freiräume das "Rückgrat des öffentlichen Raums". Und sie sind vor allem für alle da. Ganz aussperren will die Stadt die Autos dabei nicht. Liefer- und Anwohnerverkehr sollen weiterhin möglich sein. Die nahe gelegene Stachus-Tiefgarage würde es aber ermöglichen, die parkenden Autos von der Oberfläche verschwinden zu lassen. Anwohner und Geschäftsleute sollen bei der künftigen Gestaltung mitreden dürfen. Dass dies auch zu Kontroversen führt, zeigt aktuell das Beispiel Tal, wo die Stadt rund 30 Parkplätze streichen will. Dagegen wehren sich einige Anwohner.

Bis endgültige Lösungen umgesetzt werden können, wird es an allen drei Orten noch viele Jahre dauern. Das Tal dient derzeit noch als Lkw-Anfahrtsroute zur S-Bahn-Baustelle am Marienhof, also noch bis Ende dieses Jahrzehnts. Und die Planungen für einen dauerhaften Boulevard Sonnenstraße sind laut Merk aufwändig. So müssen zum Beispiel die Zufahrten zu Gebäuden bei der Planung ebenso berücksichtigt werden, wie die unterirdisch verlegten Leitungen. Eine zeitliche Prognose gibt die Stadtbaurätin nur ungern ab. Auch hier dürfte eine Umgestaltung nicht vor Ende der 2020er-Jahre erfolgen.

Landschaftsarchitektin Andrea Gebhard vom Büro Mahl Gebhard Konzepte hat die vorliegende Vision von einer neuen Sonnenstraße entworfen. Es gehe auch darum, für künftige Generationen eine lebenswerte Stadt zu erhalten. Vorarbeit habe Friedrich Ludwig von Sckell geleistet. Der Gartengestalter hatte zusammen mit dem Architekten Gustav Vorherr in der Sonnenstraße Anfang des 19. Jahrhunderts den Grünzug entlang der früheren Stadtmauer gestaltet. Der zog sich vom Sendlinger-Tor-Platz bis zur Brienner Straße, bis die Nationalsozialisten ihn 1938 beseitigten. Auf Bildern, die davor entstanden sind, ist noch die alte Pracht des Boulevards zu sehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand hier allerdings im Zuge der autogerechten Stadt die heutige Verkehrsschneise.

Bei einer Umfrage des Planungsreferats sprach sich die Mehrheit für mehr Aufenthaltsqualität und mehr Bäume aus. Diese mildern bekanntlich die Hitze im Sommer. Dieser Effekt soll künftig vermehrt auch wieder im Zentrum zu spüren sein.

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