München:Sicher durch die Nacht

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Wer als Partygänger in der Innenstadt unterwegs war, kommt künftig mit dem neuen Bus N 71 bequem in die Siedlung Ludwigsfeld nach Hause

Von Simon Schrammund Anita Naujokat, München

Wie den Nachtschwärmern aus der Siedlung Ludwigsfeld geht es vielen Bewohnern aus Vierteln an der Peripherie Münchens. Wenn sie Freitag- oder Samstagnacht in der Innenstadt unterwegs sind, müssen sie sich gegen Mitternacht entscheiden: Nehme ich die letzte S-Bahn oder warte ich bis zum Morgen auf den ersten Zug? Falls in ihrer Gegend keine Nachtlinie verkehrt, kommen sie nach Abfahrt der letzten S-Bahn mit öffentlichen Verkehrsmitteln nämlich nicht mehr nach Hause.

Die Siedlung Ludwigsfeld liegt im Nordwesten an der Stadtgrenze. Eine eigene U-Bahn-Station gibt es dort nicht, die S-Bahnhöfe von Moosach, der Fasanerie und Feldmoching liegen viele Kilometer entfernt. Die Buslinien, die von diesen Stationen in die Siedlung fahren, verkehrten von etwa Mitternacht bis fünf Uhr in der Früh nicht mehr, erklärt die Ludwigsfelderin Taissa Jazenko, die für die SPD im Bezirksausschuss (BA) sitzt. "Das beeinflusst bei vielen die Entscheidung: Fahre ich in die Stadt oder nicht." Nach der letzten S-Bahn bleibe nur noch die Möglichkeit, mit dem Taxi nach Hause zu kommen. Für junge Erwachsene nicht billig, sagt Taissa Jazenko. Oder sie müssen sich abholen lassen.

Das wird sich von Mitte Dezember an ändern: Zum Fahrplanwechsel führt die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) eine neue Buslinie ein, die Nachtlinie N 71. Freitag- und Samstagnacht sowie in der Nacht vor Feiertagen fährt sie im Halbstundentakt von 1.30 Uhr bis 5.30 Uhr vom Westfriedhof in Moosach über das Olympia-Einkaufszentrum (OEZ), die Fasanerie und Ludwigsfeld bis ins Karlsfelder Zentrum. Für Partygänger ist die Verbindung ideal: Die neue N 71 schließt direkt an die Nachttram N 20 an, die vom zentralen Rendezvous-Punkt der Nachtlinien am Stachus zum Westfriedhof fährt. Mit zweimal Umsteigen können sich die Nachtschwärmer ohne nennenswerte Wartezeit alle halbe Stunde nach Hause bringen lassen.

Nicht nur die Karlsfelder sind begeistert. Überglücklich sind auch die Bewohner der Siedlung Ludwigsfeld. "Wir freuen uns sehr", sagt Taissa Jazenko. "Wir haben die Situation schon oft beanstandet." Sie selbst erinnert sich noch an 2008, als sie als frisches, 18-jähriges Mitglied im BA die Problemlage schon thematisiert hatte, auch danach habe es noch Anträge gegeben. Vor drei Monaten hatte der Verein "Fasanerie aktiv" nun gefordert, die Fasanerie in der anschlussarmen Nachtzeit besser anzubinden. Der BA ergänzte, dass ein zusätzlicher Nachtbus nach der Fasanerie doch auch noch die Siedlung Ludwigsfeld anfahren könnte. Die MVG ermittelte, dass ein Bus in einer halben Stunde den Hin- und Rückweg in die Siedlung nicht schaffen würde und darum zwei Busse zum Betrieb nötig wären. Für eine halbe Stunde Fahrzeit ist die Strecke nach Ludwigsfeld aber dann doch wieder zu kurz, der Bus würde eine Viertelstunde sinnlos herumstehen.

Dadurch entstand die Idee, die freie Zeit zu nutzen und auch noch Karlsfeld anzubinden. Jung und Alt würden davon profitieren, sagt die Lokalpolitikerin, und es sei auch umweltfreundlicher, wenn mancher Erwachsene kein Auto, sondern die Linie nutzen würde.

Laut der MVG haben die politischen Gremien bereits grünes Licht zur Umsetzung gegeben, die Planung der Linie sei aber noch nicht festgezurrt. Vorgesehen ist derzeit, dass sie so verkehrt: Von der U-Bahnstation am Westfriedhof soll die Nachtlinie über die Hanauer Straße und den Georg-Brauchle-Ring zum Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) fahren, über den Claudiusplatz, die Bingener- und Merseburger Straße gelangt sie über die Brücke über den Rangierbahnhof zum Bahnhof an der Fasanerie. In der Fasanerie fährt der Bus die üblichen vier Busstationen in der Straße Am Blütenanger an.

Im Kleinst-Viertel Ludwigsfeld wird der N 71 nur in der Ferchenbachstraße halten und dann in den Westen der Siedlung Ludwigsfeld fahren. Von dort aus werden die Kristall- und die Opalstraße angesteuert, dann die Stationen MAN-Siedlung und die Karlsfelder Straße. Nach einer Schleife durch Karlsfeld soll es dann über die Karlsfelder- und die Kristallstraße wieder zurück in Richtung Siedlung Ludwigsfeld, Fasanerie und Westfriedhof gehen. Dort wartet der Fahrer, wenn nötig, auf den nächsten Schwung aus der Nachttram N 20. Nach derzeitiger Planung würde die Fahrzeit vom Westfriedhof zur Kristallstraße 17 Minuten dauern. Sollte die Linie gut angenommen werden, könnte der Bus sogar täglich verkehren, wovon besonders Werktätige, insbesondere Schichtarbeiter, profitieren könnten.

Auch die Allacher sind bald besser angebunden: Mit dem Winterfahrplan Mitte Dezember verlängert die MVG die vom Waldfriedhof kommende Stadtbuslinie 160 über den S-Bahnhof Karlsfeld, die Bayernwerkstraße und die Einkaufsmärkte bis in das Zentrum der Nachbargemeinde. Bisher endet die Linie am S-Bahnhof Allach. Der Bus hält zwischen den beiden S-Bahnstationen künftig an der St.-Johann-Straße, der Georg-Reismüller-Straße, der Franz-Nißl-Straße, der Kleselstraße und der Otto-Warburg-Straße. Geschuldet ist dies nicht nur der frühzeitigen Anbindung der neuen Wohngebiete, sondern auch dem mit München geplanten neuen Gymnasium an der Bayernwerkstraße. Vorteile davon dürften aber auch die schon länger im nördlichen Allach beheimateten Bürger haben.

© SZ vom 19.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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