Der Ausbau der Münchner S-Bahn sollte nach Meinung der Stadt rascher ablaufen und großzügiger ausfallen als bisher vom Freistaat geplant. So will das Planungsreferat zur Eröffnung des zweiten S-Bahn-Tunnels im Jahr 2026 deutlich mehr Züge auf den Schienen sehen als im bisherigen Betriebskonzept vorgesehen - angesichts der zahlreichen Neu-Münchner müssten die vor etlichen Jahren erstellten Planungen "dringend überarbeitet" werden.
Schneller gehen soll es auch mit dem Ausbau des Nordrings, auf dessen Gleisen bislang nur Güterzüge unterwegs sind. Im Konzept des Freistaats könnten dort möglicherweise nach der Eröffnung der zweiten Stammstrecke auch S-Bahnen verkehren. Die Stadt hält den Nordring jedoch für so bedeutsam, dass sie sich schon vorher eine "kurzfristige Lösung" wünscht. Ob das klappt, ist offen, die Ergebnisse einer Studie werden im Herbst erwartet.
Die umfangreiche Prioritätenliste von Stadtbaurätin Elisabeth Merk wurde bereits vom Stadtrat abgesegnet und soll in die laufenden Gespräche über den S-Bahn-Ausbau eingespeist werden - zuständig ist eigentlich der Freistaat. Skeptisch sind die kommunalen Planer vor allem beim Betriebskonzept nach Inbetriebnahme des zweiten Tunnels, das auf veralteten Bevölkerungsprognosen basiere.
Die einst für den Eröffnungstermin der Inbetriebnahme angenommene Einwohnerzahl von 1,556 Millionen sei jetzt schon erreicht, entsprechend müsse für deutlich mehr Fahrgäste geplant werden. Bislang ist ein 15-Minuten-Grundtakt angekündigt, auf einigen Linienästen sollen zusätzlich alle 30 Minuten Express-S-Bahnen fahren. Auf vier Außenstrecken bleibt es jedoch beim 20-Minuten-Takt, lediglich im Berufsverkehr wird auf Zehn-Minuten-Abstände verdichtet.
Dem Planungsreferat ist das zu wenig. Ziel müsse auf längere Sicht weiterhin der Zehn-Minuten-Takt auf allen Linien im stadtnahen Bereich bleiben. Die Chancen für Verbesserungen dürften nicht allzu schlecht sein: Der Freistaat hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass das angekündigte (und im Genehmigungsverfahren eingereichte) Betriebskonzept nur vorläufig ist und bis 2026 durchaus noch verbessert werden kann. Der 15-Minuten-Takt ist ohnehin umstritten, da er an vielen Stationen nicht zu den Takten der Anschlussbusse passt und sich die Abfahrtszeiten nur schwer merken lassen. An einigen Stationen bedeutet der Viertelstundentakt zumindest in der Stoßzeit sogar eine Verschlechterung.
Wenig zukunftsweisend finden die kommunalen Planer auch den geplanten dreigleisigen Ausbau der stark belasteten S 4 westlich von Pasing. Deutlich besser sei es, noch ein viertes Gleis zu verlegen. Die jetzige Sparlösung entspreche nur eingeschränkt den tatsächlichen Anforderungen. Im Planungsreferat genießt die S 4 hohe Priorität, der Freistaat will allerdings erst Mitte 2025 mit dem Ausbau beginnen.
Druck macht die Stadt auch beim viergleisigen Ausbau zwischen Daglfing und Johanneskirchen - auf der östlichen Flughafenstrecke könnten Express-S-Bahnen ins Erdinger Moos brausen. Das Projekt ist im Bundesverkehrswegeplan als vordringlich eingestuft, die Finanzierung durch den Bund gilt daher als gesichert. Nur: Berlin bezahlt nur für eine oberirdische Trasse, die Stadt München besteht aber auf einem Tunnel. Der kostet rund 1,5 Milliarden mehr als die "Amtslösung" - Geld, das letztlich die Stadt beisteuern muss. Aktuell werden sämtliche Varianten gleichberechtigt untersucht: oberirdisch, Trog und Tunnel. Die Übernahme der Planungskosten für die Röhre hat die Stadt bereits zugesagt. Nach den Planungen des Freistaats sollen Mitte 2028 die Bagger anrücken.
Ganz oben auf dem Wunschzettel des Planungsreferats stehen auch zwei neue Bahnhöfe: an der Berduxstraße in Pasing (für S-Bahnen) sowie an der Poccistraße (Regionalzüge). Zumindest für Letzteren sieht es gut aus, die Planung wird bereits vorbereitet. In eine "mittlere Priorität" stuft die Stadt die bestehenden Regionalzughalte Feldmoching und Moosach ein, an denen künftig mehr Züge stoppen sollen. Sinnvoll wäre in den Augen der Planer aber auch ein Regionalbahnhof in Trudering und vielleicht - auf längere Sicht - in Riem, Planegg oder Neufahrn.
In die mittlere Kategorie fällt ebenfalls der Dauerbrenner Sendlinger Spange, der schon seit Jahrzehnten diskutiert wird. Auf der Trasse, die von Pasing aus auf den Südring und Richtung Solln führt, rollt heute schon die Linie S 20 gen Höllriegelskreuth. Die Strecke, die bei Störungen auf der Stammstrecke als Ventil genutzt wird (die Fahrgäste können am Heimeranplatz in die U-Bahn umsteigen) gilt aber als "unterverkauft" und daher verbesserungsbedürftig. Aus Sicht des Planungsreferats fehlen ein zweiter Bahnsteig am Heimeranplatz, eine Weichenverbindung zum Bahnhof Harras sowie ein Stopp auf Höhe Menterschwaige. Der Freistaat plant derzeit nur einen Minimalausbau.
Ebenfalls mittlere Priorität genießen aus Münchner Stadtperspektive der Ausbau der S 2 bis Markt Schwaben sowie der S 7 Richtung Kreuzstraße. Langfristig hält das Planungsreferat den S-Bahn-tauglichen Ausbau des Südrings sowie eine Verbindung zwischen Heimeranplatz und Nordring für sinnvoll.