München:Ruf nach Regeln

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Nicht nur die Stadt erstickt im Verkehr: Der Isartalverein kritisiert, dass es auch am und auf dem Fluss immer voller wird

Von Jürgen Wolfram, München

Der Isartalverein hat an die bayerische Staatsregierung appelliert, das "unaufhörliche Wachstum" in der Region München zu bremsen und "in Regionen nördlich der Donau" umzulenken. Denn ähnlich wie etwa die Stadt und der Landkreis München erstickten mittlerweile auch die Erholungsgebiete drumherum an Flächenfraß und Individualverkehr, sagte der Vereinsvorsitzende Erich Rühmer bei der Jahreshauptversammlung im Künstlerhaus am Lenbachplatz. Wobei nicht nur die Isarufer unter Druck stünden, sondern ebenso der Fluss selbst. Zur Sommerzeit korrespondiere das Treiben auf dem Wasser längst mit dem Kraftfahrzeug-Gewimmel an den Gestaden.

Der Isartalverein mit seinen mehr als 1900 Mitgliedern macht sich deshalb für eine Bootsfahrverordnung stark, die eine Reihe klarer Beschränkungen enthält. "Wir fordern kein Generalverbot, aber so wie bisher kann es nicht weitergehen", erklärte Rühmer. Zur Veranschaulichung der Probleme schilderte der Vorsitzende die Zustände an einem einzigen der heißen Tage an der Isar bei Icking. 1116 Leute hätten allein dort mehr als 400 Boote und "aufblasbare Gegenstände aller Art" zu Wasser gelassen. Häufig seien diese mit Bierkästen beladen gewesen, die sich flussabwärts in Grünwald derart gestapelt hätten, dass sie mit einem Lkw abtransportiert werden mussten. Mittlerweile gebe es 20 professionelle Anbieter von Schlauchbootfahren, die mit ihren Angeboten die Probleme noch verschärften.

Dass bei dieser Gemengelage häufig Unfälle passieren, sollte niemanden wundern, sagte Rühmer. Wenn die Behörden demnächst mal wieder über eine Verordnung zur Regelung des Bootsverkehrs verhandeln, will der Isartalverein zumindest ein Fahrverbot bei Hochwasser, eine Schwimmwesten-Pflicht für Kinder bis zwölf Jahre, einen Stopp für Glasflaschen, ein Fahrverbot zur Vogelbrutzeit sowie die Reduzierung der Zahl an Bootseinstiegsstellen erreichen.

Einer ordnenden Hand bedürfe nach wie vor auch der Radverkehr an den Flussufern; insbesondere Mountainbiker müssten besser gelenkt werden. Immerhin seien der Landkreis und die Stadt München mittlerweile grundsätzlich bereit, sich dafür personell und finanziell zu engagieren. Das Routennetz zur Steuerung des Mountainbike-Verkehrs umfasst 78 Kilometer entlang der West- und Ostufer der Isar zwischen Marienklause und Dürnsteiner Brücke. 28 Kilometer davon verlaufen auf unbefestigten Wegen und Pfaden. Abgegrenzt worden sind Rückzugs- und Ruheräume störungsempfindlicher Arten; Mountainbiker sollen sie in Zukunft meiden. Die letzte Entscheidung über das Lenkungskonzept ("Natur-Erholung Isartal im Süden von München") sei jedoch nach dreieinhalbjährigen Gesprächen noch immer nicht gefallen, bedauert der Isartalverein.

In ökologischer Hinsicht will der Isartalverein seiner Vorbildfunktion weiterhin gerecht werden. Er kauft unverändert Grundstücke auf, um sie naturnah und standortgerecht zu pflegen. 140 Hektar, fast die Hälfte davon Wälder, befinden sich bereits in seinem Besitz. Aktuell wird über ein 1,3-Hektar-Moorgebiet im Zellbachtal (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) verhandelt. Im vergangenen Jahr standen ferner Pflanz- und Gießaktionen, die Ergänzung der Wanderwege-Beschilderung, die Erneuerung von Ruhebänken sowie die Mitwirkung an Initiativen zur Energiewende, zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinien, für Mindestwassermengen in der Isar und den Waldumbau auf dem Programm. Gearbeitet wird an einem weiteren Wanderführer, unverändert betreibt der Verein ein "virtuelles Isar-Museum" (www.isargeschichten.de). Zahlreiche Führungen hatten unter anderem die Pupplinger Au oder auch Isarabschnitte in München zum Ziel.

Als großen Erfolg verbucht die anerkannte Umweltvereinigung zwei Weideprojekte mit Rindern und Ziegen. In Kooperation mit Landwirten, Behörden und finanzieller Unterstützung durch den Bayerischen Naturschutzfonds hat der Isartalverein als Projektträger im Rahmen des "Hotspotprojekts Alpenflusslandschaften" damit ein viel beachtetes Naturschutzprogramm aufgelegt.

Dass an der Isar mitunter wider Erwarten auch einmal paradiesische Ruhe herrscht, zeigte bei der Jahreshauptversammlung ein Lichtbildervortrag von Andreas Rieger über eine Wanderung von der Quelle bis nach München. Man muss allerdings dazu sagen: Der Mann war im Winter unterwegs.

© SZ vom 26.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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