München:Rauchzeichen

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Die Nachbargemeinden erhöhen den Druck auf die Stadt, den Betrieb des Heizkraftwerkes München-Nord zu reduzieren

Von Martin Mühlfenzl, München

Sie sind die Hauptbetroffenen, aber mitreden können sie nicht: Die Einwohner Unterföhrings leben im Schatten des Heizkraftwerks München-Nord, doch über die Betriebsdauer entscheidet allein die Stadt München. Diese will das Kraftwerk, das die Stadtwerke München (SWM) betreiben und in dem jedes Jahr 800 000 Tonnen Steinkohle verfeuert werden, bis 2035 laufen lassen. Doch jetzt deutet sich an, dass auch ein früherer Ausstieg infrage kommen könnte.

Ein abruptes Ende der Kohleverbrennung in Block 2 bereits im Jahr 2022 hält der Energieexperte der Grünen-Kreistagsfraktion, Markus Büchler aus Oberschleißheim, für "eigentlich ausgeschlossen". Und Unterföhrings Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (PWU) sagt: "Wir müssen realistisch bleiben, ein erster Schritt wäre schon eine Reduzierung." Dieser scheint seit Kurzem möglich zu sein.

Seit die Initiative "Raus aus der Steinkohle", die einen Kohleausstieg bis 2022 zum Ziel hat, mehr als 27 000 Unterschriften für einen Bürgerentscheid gesammelt hat - 33 000 sind nötig -, machen sich auch die Grünen in der Landeshauptstadt für ein vorzeitiges Ende stark. Sie fürchten, in Sachen Umweltpolitik abgehängt zu werden und bringen daher eine Drosselung der Kohleverbrennung von 2018 an und eine Stilllegung zwischen 2027 und 2029 in die Diskussion. Dafür werben sie derzeit bei den Fraktionen von SPD und CSU im Münchner Rathaus um Unterstützung, um dem von der ÖDP unterstützten Bürgerbegehren ein Ratsbegehren entgegenzustellen.

Im Nordosten Münchens verfolgt man diese Wende gespannt. Schließlich ist man dort wegen der vorherrschenden Westwindströmung am stärksten vom Schadstoffausstoß betroffen. "Aber wir können nicht mitreden, nur appellieren", sagt Ismanings Bürgermeister Alexander Greulich (SPD). Greulich und Kemmelmeyer kritisieren, dass die Stadtwerke den Weiterbetrieb der Anlage stets mit der Wirtschaftlichkeit begründen. Einer neuesten Studie zufolge, die das Öko-Institut im Auftrag der SWM erstellt hat, könnte der Kohleverbrauch von 2020 an wenigstens schrittweise auf etwa 400 000 bis 500 000 Tonnen im Jahr reduziert werden und das Kraftwerk möglicherweise fünf Jahre früher, also bereits 2030, geschlossen werden - entgegen der bisher geltenden Regelung, das Heizkraftwerk bis 2035 laufen zu lassen. Nach diesen Berechnungen droht den Stadtwerken dann allerdings ein Verlust von bis zu 59 Millionen Euro.

"Wir in Unterföhring denken aber nicht an die Wirtschaftlichkeit, wir denken in Generationen", sagt Bürgermeister Kemmelmeyer, "wir haben in den Ausbau der Geothermie investiert und peilen an, von 2020 an autark von fossilen Brennstoffen zu sein." Die Landeshauptstadt müsse hier noch einiges aufholen und investieren: "In ihr eigenes Fernwärmenetz und die Geothermie, nicht in Offshore-Windanlagen in der Nordsee."

Auch die Vorschläge der Münchner Grünen für eine Drosselung der Kohleverbrennung und eine frühere Abschaltung von Block 2 sieht Unterföhrings Bürgermeister dennoch positiv: "Das kann ein Anfang sein. Vielleicht kommt jetzt etwas mehr Bewegung in die Sache."

Ismanings Bürgermeister Greulich will ebenfalls nicht locker lassen und beim nächsten Treffen der Nord-Allianz-Gemeinden, an dem auch OB Dieter Reiter (SPD) teilnehmen wird, das Thema Kohleverbrennung ansprechen. "Alle hier im Norden investieren kräftig in die Energiewende", sagt Greulich, "das können und müssen wir auch von der Landeshauptstadt verlangen."

© SZ vom 24.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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