Prozess:Kunstfälscher geben Raubkopien zu

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Die drei Männer müssen sich nun vor dem Münchner Landgericht verantworten. (Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa)

Drei Männer sind angeklagt, weil sie im Auktionshaus Viktualienmarkt für 120 000 Euro gefälschte Drucke verkauft haben. Das Geständnis erspart ihnen wohl eine Freiheitsstrafe.

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Zwei bronzene Löwen waren Markenzeichen und Aushängeschild des "Auktionshauses Viktualienmarkt": 14 Jahre lang standen die metallenen Viecher vor der Tür, hinter der es Kunst gab, Krempel - und wohl auch kriminelle Machenschaften. Fünf Jahre nach der überraschenden Schließung 2014 nimmt nun die juristische Aufarbeitung ihren Lauf.

Angeklagt vor dem Landgericht sind die drei Geschäftsführer des Auktionshauses, Andreas R., Christof G. und Stefan G. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen gewerbsmäßigen Betrug vor. In etwa 180 Fällen, so die Anklage, wurden Grafiken berühmter Künstler verkauft, obwohl klar war, dass sie nicht von Picasso, Dalí, Klimt stammten. Der Schaden ist schwer zu beziffern, aber die Einnahmen durch die Fälschungen belaufen sich auf gut 120 000 Euro.

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Ein "Geschäftspartner" in Bielefeld stellte die Reproduktionen her, indem er die Originale in Auflagen von mehreren hundert Stück nachdrucken ließ, allerdings ohne im Besitz der dafür notwendigen Verwertungsrechte zu sein. Das wäre noch nicht so schlimm und eher ein Fall für einen Zivilprozess. Allerdings brachte der Mann auf der Rückseite der Blätter ein von ihm so genanntes "Zertifikat" an, das bei unbedarften Menschen durchaus den Eindruck erwecken konnte, es handle sich tatsächlich um ein Original des jeweiligen Künstlers, oder zumindest um eine von ihm autorisierte Reproduktion. Die Anklage beziffert den tatsächlichen Wert der Blätter im niedrigen zweistelligen Euro-Bereich. Verkauft wurden sie dann allerdings für mehrere hundert Euro - auch im Auktionshaus am Viktualienmarkt.

Den härtesten Job im Gerichtssaal an diesem Montagvormittag hat eindeutig der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft: Er muss 25 Seiten Anklage verlesen, so verlangt es die Strafprozessordnung. In diesem Fall geht das so: "Am 03.04.2010 erwarb der Geschädigte M. die vorgeblich von Picasso stammende Grafik ,Face of Peace' mit der angeblichen Auflagennummer 802/888 zum Preis von 756,25 Euro." Diesen Satz muss der Staatsanwalt 180 Mal vorlesen; es ändern sich nur Datum, Geschädigte und die Angaben über das angebliche Kunstwerk. Gut 70 Minuten braucht der Ankläger dafür, er hat sich etwas zu Trinken mitgebracht und gebeten, sitzen bleiben zu dürfen, was ihm Sigrun Broßardt, die Vorsitzende Richterin, ohne weiteres gestattet: "Wir wollen ja nicht, dass der Staatsanwalt umfällt."

Um zu einem Urteil zu kommen, müsste nun jeder einzelne Fall gesondert betrachtet werden, zu jedem müssten Zeugen geladen und angehört werden, die Auktionatoren, die jeweiligen Käufer natürlich - verständlich, dass das Gericht mit den Verteidigern schon seit längerem über einen "Deal" verhandelt: Die Angeklagten gestehen ihre Verfehlungen und erhalten dafür einen Bonus auf ihre Strafe. Derek Setz, einer der Anwälte, führt zudem noch an, dass Kunst auch immer etwas Subjektives ist - manche der Käufer würden ihr Bild ja auch noch lieben, wenn sie wissen, dass niemals Pablo Picasso persönlich seinen wertsteigernden Blick darauf geworfen hat.

Beim Ringen um die Strafhöhe kommt erstaunlicherweise das GmbH-Gesetz ins Spiel: Die Angeklagten führen mittlerweile neue Unternehmen. Wenn sie nun zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt werden würden, so dürften sie fünf Jahre lang nicht als Geschäftsführer einer GmbH fungieren. Gericht und Staatsanwaltschaft scheinen das zu akzeptieren: Sigrun Broßardt trägt vor, dass bei einem Geständnis Bewährungsstrafen zwischen neun und elf Monaten sowie Geldstrafen zwischen 60 und 120 Tagessätzen verhängt werden. Um das zu erreichen, werden nur noch die Fälle verfolgt, in denen beim Verkauf "kolorierende", ausschmückende - und gelogene - Angaben über die Herkunft der Blätter und ihren günstigen Preis gemacht wurden. Als das klar ist, gestehen die Angeklagten. Nun wird noch ein bisschen weiterverhandelt, das Urteil fällt am 6. August.

© SZ vom 23.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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