Viertel-Stunde:Gott in der Welt

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Mittendrin: die Monstranz am Klettergerüst. (Foto: Johannes van Kruijsbergen)

Die Monstranz auf dem Fußballplatz, im Polizeiauto, im Klassenzimmer: ein ungewöhnliches Fotoprojekt im Pfarrverband München-West

Kolumne von Ellen Draxel

Verrückte Ideen findet Johannes van Kruijsbergen "super". Trotzdem reagierte der Pastoralreferent im Pfarrverband München-West zunächst skeptisch, als sein Freund und Kollege Michael Raz aus Oberschleißheim ihm vorschlug, Monstranzen an Alltagsorten zu fotografieren. Ausgerechnet dieses kostbare sakrale Gefäß, das in Nicht-Corona-Zeiten an Fronleichnam zur Verehrung Christi durch die Straßen getragen wird? Dessen Handhabung so streng ritualisiert ist? "Ich musste erst mal überlegen, ob ich damit was anfangen kann."

Van Kruijsbergen ist gerne mit der Kamera unterwegs. Und er steht hinter innovativen Projekten, die Kirche zeitgemäß weiterdenken: Vor Kurzem startete er gemeinsam mit drei Kolleginnen aus dem Pfarrverband, zu dem St. Konrad, St. Markus und St. Lukas gehören, mobile Seelsorge mit einem umgebauten Campingbus. Mit dem Gefährt will das Team aus Neuaubing-Westkreuz erreichen, dass eine offene Kirche wieder zu den Menschen kommt - wie vor 2000 Jahren.

Nach den ersten Bildern mit der Monstranz an bunten Alltagsorten wusste van Kruijsbergen deshalb: Das Fotoprojekt passt zu seiner Art, Glaube zu vermitteln. Die Aktion, sagt er, richte sich "vor allem an kirchenferne Menschen, die sich für den Glauben interessieren". Außerdem sei das Projekt "eine gute Alternative" zu den entfallenen Prozessionen in diesem Jahr. "Die Idee hat mich überzeugt. Denn genau das ist ja die Basis unseres Glaubens: Gott ist nicht nur auf den Kirchenraum und die Riten beschränkt. Vielmehr will er Teil unseres Lebens sein."

Van Kruijsbergen nahm also seine Kamera in die Hand, stellte die Monstranz unter ein Klettergerüst und drückte auf den Auslöser. Andere Bilder von ihm und Raz, zu finden unter www.mittendrin.world, zeigen die Monstranz auf dem Fußballplatz, im Polizeiauto, auf dem Zebrastreifen, im Klassenzimmer. Jeweils kombiniert mit Gedanken, die sich niedergeschrieben unter den Bildern befinden. Sie alle sollen demonstrieren: Gott ist "mitten unter uns - überall".

© SZ vom 10.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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