München:Mut zur Politik

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Kreisjugendring ist mit dem Demokratiemobil unterwegs

Von Nicole Graner, München

Jugendliche sind wenig demokratiebegeistert und nicht an politischen Abläufen interessiert - mit diesem Vorurteil räumt Sylvia Holhut gleich einmal auf. "Diesen Satz kann ich nicht unterschreiben." Seit dem 8. September ist die Pädagogin und Leiterin der Fachstelle Demokratische Jugendbildung vom Kreisjugendring (KJR) mit ihrem Team im Münchner Norden unterwegs: in einem roten, alten Feuerwehrauto. "Demokratie" steht in weißen Buchstaben auf dem Wagen, und ein weißer Feuerwehrschlauch spritzt noch die beiden Wörter "im Einsatz" hinterher.

Es geht um das Mut machen im Allgemeinen, und im Speziellen um den Versuch, Demokratiebildung auf die Straße zu holen, mit Menschen über politische Teilhabe zu sprechen und Jugendliche zu motivieren, zur Wahl zu gehen. Interessierte können Wahlplakate entwerfen, beim Wahl-O-Mat persönliche Optionen abfragen, Stimmungen weitergeben und sich über die Themen Demokratie, Menschen- und Grundrechte informieren. Das wichtigste aber, so sieht es Holhut, sei das Gespräch mit den Menschen. Schon jetzt habe man in der kurzen Zeit 500 Jugendliche und Erwachsene erreicht. "Und das ist", sagt Holhut mit Stolz, "nicht die Zahl, die das Laufpublikum erfasst, sondern nur jene, die sich intensiv mit dem Angebot beschäftigt und sich eingebracht haben."

Das rote Demokratiemobil ist derzeit im Münchner Norden im Einsatz. In Moosach, Feldmoching-Hasenbergl und in Milbertshofen-Am Hart. Aus besonderem Grund. Bei der Bundestagswahl 2013 waren das die Stadtviertel mit der niedrigsten Wahlbeteiligung. In Milbertshofen gingen damals zum Beispiel nur 61,5, in Feldmoching 63,6 Prozent zur Wahl. Das Feuerwehrauto soll, wenn die Testphase erfolgreich war, künftig in ganz München im Einsatz sein. Das sei das Ziel, sagt Holhut. Alle Ergebnisse würden evaluiert und der Stadt übergeben. Ein paar Ergebnisse vorweg: Soziale Gerechtigkeit ist ein großes Thema. Jugendliche wünschten sich vor allem, dass nicht nur über sie, sondern mit ihnen geredet werde. Außerdem solle das Wahlalter doch auf 16 herabgesetzt und die Willy-Brandt-Gesamtschule in der Lerchenau endlich renoviert werden.

In der jüngsten Sitzung des Bezirksausschusses (BA) Milbertshofen-Am Hart wurde nun über einen Antrag des KJR und einen Zuschuss in Höhe von 1000 Euro für das Demokratiemobil diskutiert. Die CSU lehnte die Bezuschussung ab - mit der Begründung, dass das Mobil vor allem Meinungsmache gegen die Alternative für Deutschland (AfD) mache. Die Partei sei ja nicht verboten, erklärte CSU-Fraktionssprecher Erich Tomsche. Er lehne es ab, im Falle des Demokratiemobils "Steuergelder auszugeben, wenn Meinungsmache dahintersteckt". Es gebe in München nicht nur rechtsextreme, sondern auch linksextreme Tendenzen. Auch die FDP lehnte den Antrag ab, weil ausschließlich "Propaganda gegen die AfD" gemacht werde.

Von Meinungsmache könne keine Rede sein, sondern vielmehr von demokratischer Bildung, betonte Ruth Huber (SPD). Und Sylvia Holhut sagt: "Wir beziehen keine parteipolitischen Positionen oder beurteilen Parteiprogramme. Wir positionieren uns gegen Antisemitismus oder Gruppen wie die Identitäre Bewegung - in Form von Infomaterial, nicht mit Diskussionen über Parteiprogramme." Der Bezirksausschuss votierte mit den Stimmen der SPD, der Grünen und der Freien Wähler/ÖDP dafür.

© SZ vom 16.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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