München:Mit vollen Händen

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Seit 2018 können die Bezirksausschüsse durch das neue Stadtbezirksbudget deutlich mehr Projekte fördern. Die Zahl der Anträge steigt, trotzdem schöpfen längst nicht alle Gremien ihren finanziellen Spielraum aus

Von Berthold Neff

Es gibt Geld von der Stadt, aber nicht alle wollen es haben: Auch im nun zu Ende gehenden Jahr haben es nicht alle 25 Bezirksausschüsse geschafft, ihren Etat für Zuschüsse an Vereine, Schulen, Institutionen oder für andere Investitionen im Viertel auszugeben. Einige laufen sogar Gefahr, dass ihnen das nicht abgerufene Geld aus dem Budget für 2018 durch die Lappen geht. Verloren ist es allerdings nicht, und einer freut sich drüber: Stadtkämmerer Christoph Frey, der das nicht verbrauchte Geld einkassiert.

Zehn Bezirksausschüsse verweigern ihm dieses Vergnügen, sie haben das ihnen für 2019 zustehende Geld komplett ausgegeben. Die anderen 15 haben noch etwas in der Kasse, insgesamt 661 000 Euro. Tim Roll vom städtischen Direktorium, das die Arbeit der Bezirksausschüsse koordiniert, sagte auf SZ-Anfrage, dass dieses Geld im nächsten Jahr bei Bedarf wieder zur Verfügung gestellt werden kann. Geld aus dem Jahr 2018 jedoch, das noch nicht abgerufen wurde, fließe wieder in den gesamtstädtischen Etat zurück.

Die Stadt hat den finanziellen Rahmen der Bezirksausschüsse 2018 deutlich erweitert, plötzlich stand den Lokalpolitikern - unter der neuen Bezeichnung Stadtbezirksbudget - fast vier Mal so viel Geld zur Verfügung wie vorher. In diesem Jahr wurden stadtweit 1152 Anträge auf Zuschüsse gestellt, eine Steigerung im Vergleich zu 2018 (856 Anträge) oder 2017 (632 Anträge). Heuer wurden Zuschüsse mit einem Volumen von 4,3 Millionen Euro beantragt, bewilligt wurden 3,2 Millionen Euro. Die folgende Übersicht zeigt, wie unterschiedlich die Situation in den einzelnen Stadtvierteln ist:

In Pasing-Obermenzing zum Beispiel ist man offenbar entschlossen, das Geld dem Kämmerer zu verweigern. "Alles ist aufgeräumt", sagt Ingrid Standl (Grüne), die dem Unterausschuss Budget im örtlichen Bezirksausschuss (BA) vorsitzt. Das Gremium hat sein Budget 2019 in Höhe von 190 000 Euro und zudem einige Reste aus 2018 vollständig ausgegeben. Mit dem Löwenanteil des Geldes, etwa 144 000 Euro, will man das Pasinger Zentrum in ein neues Licht setzen. Eine ausgefeilte Ambiente-Beleuchtung soll denkmalgeschützte Häuser hervorheben, zudem sind in der Bäcker-, Gleichmann- und Landsberger Straße hängende Lichtkreise vorgesehen, die "Atmosphäre und Identität" schaffen sollen. Daneben fördert der BA aber auch Kleineres, etwa Spielgeräte, Feste, Publikationen, Lautsprecheranlagen und Sportgeräte.

Auch die Nachbarn im Norden in Feldmoching-Hasenbergl schöpfen aus dem Vollen: Beschlossen wurde der Bau einer Fahrradbrücke in Feldmoching für 12 000 Euro, und nächstes Jahr will man noch einen draufsetzen und 120 000 Euro in eine Fahrrad- und Fußgängerbrücke über der Herbergstraße investieren. Auch zuletzt zeigte man sich freigiebig. Die Otto-Steiner-Schule erhielt 41 000 Euro für Spielgeräte für Hörgeschädigte, der SC Lerchenauer See 27 000 Euro für einen Rasenmäher.

Den wohl größten Jahres-Posten aus dem Budget hat der Bezirksausschuss Allach-Untermenzing noch am Jahresende ausgegeben. 22 264,90 Euro erhält die Interessengemeinschaft der Allacher und Untermenzinger Vereine zur Anschaffung neuer Stühle und Tischplatten für das Vereinsheim. Einen größeren Betrag lässt sich das Gremium auch die Festwoche des Trachtenvereins Alpenrösl zu dessen 100-jährigem Bestehen von 15. bis 24. Mai kosten - samt La-Brass-Banda-Konzert und Film über die Feierlichkeiten: Dafür machten die Lokalpolitiker einen Zuschuss von 12 000 Euro locker. Derzeit sind noch gut 75 000 Euro in der Kasse.

Im Südwesten der Stadt, in Hadern, scheinen die Bürger wunschlos glücklich zu sein. Es wurden so wenige Anträge auf Zuschüsse gestellt, dass Gerhard Fries (SPD), Vorsitzender des Unterausschusses Budget, dem Kämmerer 37 000 Euro aus 2018 retourniert. Höchster Posten in diesem Jahr war der Bücherschrank, der mit 11 000 Euro zu Buche schlug. Ähnlich ist die Situation in Sendling-Westpark. Aus dem Jahr 2018 standen noch etwa 80 000 Euro zur Verfügung, die nun wieder an die Stadt zurückwandern. Alfred Nagel (CSU), Chef des Unterausschusses Haushalt, sieht dies auch positiv: "Es zeigt, dass wir sorgsam mit dem Geld umgehen." Bewilligt wurden, bei aller Sparsamkeit, in diesem Jahr dennoch etwa 130 000 Euro an Zuschüssen, darunter 10 180 Euro für das neue Theater an der Hinterbärenbadstraße.

Die Nachbarn im BA 19 (Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln) verfügten heuer über ein Budget von etwa 300 000 Euro, wie Peter Sopp (Grüne) vorrechnet, Vorsitzender des BA-Unterausschusses Budget. Beantragt wurden 188 000 Euro, von denen 136 000 Euro real bewilligt worden sind. Die größten Brocken entfielen auf den Ausbau einer Familien-Begegnungsstätte der Diakonie (30 000 Euro), die Möblierung eines Lehrinstituts zur Ausbildung von Rettungssanitätern (22 000 Euro) und Ausrüstung für die Freiwillige Feuerwehr Forstenried (6000 Euro). Als Problem sieht Sopp, dass der BA ins "zeitlich Unberechenbare" gerät, wenn man auf Absprachen mit den Referaten angewiesen sei, aber nie genau wisse, wann diese ein Vorhaben tatsächlich umsetzen, an dem sich der Bezirksausschuss beteiligen möchte. "Damit wir sauber kalkulieren können, wäre es wünschenswert, wenn wir unsere Mittel auch mal eine Weile zwischenparken dürften", sagt Sopp.

Ähnliche Argumente dringen aus dem Osten Richtung Direktorium. Robert Kulzer, BA-Vorsitzender in Berg am Laim, pocht darauf, dass das neue Budget nicht nur eine Gießkanne mit größeren Löchern sein soll, sondern dass in jedem Jahr auch etwas Nachhaltiges dabei sein soll - zum Beispiel der neue Platz für den FC Phönix, immerhin 70 000 Euro teuer. Kaum hatte der BA diesen Zuschuss beschlossen, signalisierte die Stadt, dies selbst zu finanzieren. Wäre dies von Anfang an klar gewesen, hätte der BA stattdessen andere Projekte fördern können. Bei den Nachbarn in Trudering-Riem findet man es nicht so schlimm, wenn man am Jahresende den nicht verbrauchten Rest des Budgets an die Stadt zurückgeben muss. Susan Beer (SPD), die Vorsitzendes Unterausschusses Allgemeines, sagt: "Es ist ja auch gut, Steuergeld zu sparen." Sie findet es allerdings schade, dass gerade die, die es am nötigsten hätten, wie etwa die Förderschulen, keine Lobby haben, zum Beispiel einen Freundeskreis oder Förderverein, die imstande wären, einen Antrag zu stellen.

Mitarbeit: Jutta Czeguhn, Jerzy Sobotta, Anita Naujokat, Jürgen Wolfram, Renate Winkler-Schlang

© SZ vom 31.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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