Weihnachtstradition:Abschweifen zu den Sternen

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Ganz unterschiedliche biblische Szenerien bieten sich den Betrachtern in den Münchner Kirchen: Die Rast der Heiligen Drei Könige ist in St. Ursula dargestellt. (Foto: Annette Krauß)

Lange galten die Münchner als "kripperlnarrisch", und noch heute gibt es hier viele Krippen. Ob Exponate aus dem 17. Jahrhundert oder oder eine moderne Klanginstallation - eine Broschüre weist den Weg.

Von Jürgen Moises

Das Oktoberfest, Fußball, Technologie, das sind Dinge, die man in der Regel mit München verbindet. Dass die bayerische Hauptstadt vor hundert Jahren eine Krippenhochburg war und die Münchner damals als geradezu "kripperlnarrisch" galten, ist dagegen weniger bekannt. Tatsächlich gilt München heute noch als die Stadt mit den vielleicht weltweit meisten Jahreskrippen. Das heißt Krippen, die man nicht nur an Weihnachten, sondern das ganze Jahr über ansehen kann. In 32 Kirchen in und um München kann man sie finden, in der Adventszeit sind es noch mehr. Dann gibt es auch noch die alljährliche Krippenausstellung im Bayerischen Nationalmuseum sowie den traditionellen "Kripperlmarkt" am Richard-Strauss-Brunnen.

Markt und Ausstellung fallen wegen Corona leider aus. Aber die Kirchen bleiben weitgehend geöffnet. Wer also zu den "Kripperlnarren" gehört oder sie der weihnachtlichen Stimmung wegen schätzt, kann sich an der frischen Luft und ohne größeres Gedränge zum "Kripperlschaun" aufmachen. Eine große Hilfe dürfte dabei der vom Verein Münchner Krippenfreunden herausgegebene Führer "Münchner Krippen" sein, in dem sich auf 36 Seiten Fotos, Infos und Pläne zu den Exponaten finden. Die gedruckte Version ist leider aktuell vergriffen, unter www.muenchner-krippenfreunde.de gibt es ihn aber kostenlos als Download. Ebenfalls empfehlenswert: die Online-Karte zu den Krippen der Erzdiözese München und Freising ( www.erzbistum-muenchen.de/krippen).

Der Kindermord von Bethlehem, ein eher seltenes blutrünstiges Motiv, findet sich in St. Sylvester. (Foto: Annette Krauß)

Damit in oder bei der Hand kann man sich auf den Krippenweg in die St. Michaelskirche machen, in der die Jesuiten vor mehr als 400 Jahren die erste Münchner Krippe aufstellten. Eine Weihnachtskrippe aus dem Jahr 1607 ist dort heute noch weitgehend erhalten. Was fehlt, sind einige der Figuren in halber Lebensgröße, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden. Eine weitere Rarität: Das 400 Jahre alte "Augustinerkindl", das wohl in Italien entstand und in der Bürgersaalkirche in der Neuhauser Straße liegt.

Ebenfalls dort befindet sich eine Jahreskrippe des Münchner "Krippenpapstes" Theodor Gämmerler (1889 bis 1973), der dafür beeindruckende Hintergründe und Kulissen schuf. Historisch bedeutsam ist auch die Jahreskrippe der Dominikaner in der Theatinerkirche. Zum einen weil sie alte Figuren aus der sogenannten "Münchner Schule" enthält, zum anderen wegen des Ruinen-Stalls von Ulrich Schöpf, der auf die zerstörten Häuser im Nachkriegsdeutschland anspielt.

Eine Rarität in einer evangelischen Kirche ist die polnische Krippe in der Kreuzkirche. (Foto: Rufenach)

In St. Ursula am Kaiserplatz steht eine von einer Israel-Reise inspirierte Weihnachtskrippe des akademischen Bildhauers Sebastian Osterrieder (1864 bis 1932), der als "Erneuerer" der Künstlerkrippe gilt. Wer sich dafür interessiert: Im Oktober ist dazu das Buch "Seelenspiegel Krippe - Die Osterrieder- und Jahreskrippe von St. Ursula München-Schwabing" von Annette Krauß und Thomas Schwaiger erschienen. Der eher seltene Fall einer evangelischen Kirchen-Krippe (gestaltet von Andrzej Ferenczak) ist in der Schwabinger Kreuzkirche zu sehen.

Und in Sankt Paul an der Thresienwiese gibt es diesmal eine vom Fotokünstler und Schauspieler Stefan Hunstein gestaltete Klanggrippe, das heißt: Das Weihnachtsevangelium als poetische Klanginstallation mit Gesang, Musik, Geräuschen und Requisiten, die noch bis 5. Januar täglich (außer 1. Januar) von 9 bis 17.30 Uhr jeweils zur vollen Stunde zu erleben ist.

Münchner Krippen , Broschüre, 36 Seiten, kostenlos downloadbar unter www.muenchner-krippenfreunde.de

© SZ vom 24.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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:Endloses Staunen

Für Annette Krauß ist die kostbare Osterrieder-Krippe in St.-Ursula ein Lebensprojekt. Seit ihrer Jugend ist sie von den wundersamen Bibelgeschichten fasziniert.

Von Nicole Graner

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