München:Kassen-Sturz

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Das Meinungsbild der Bezirksausschüsse zum seit Langem diskutierten Bürgerhaushalt ist nach wie vor "gespalten und vielfältig". Deshalb lehnt die Stadt Pilotversuche vor der grundsätzlichen Einführung ab

Von Berthold Neff, München

Ein großzügig ausgestattetes Budget, mit dem sich genau das verwirklichen ließe, was sich die Münchnerinnen und Münchner schon lange für ihren Stadtbezirk wünschen: Das sollte der Bürgerhaushalt leisten, der im Rathaus und in den Bezirksausschüssen (BA) nun schon seit anderthalb Jahren zur Debatte steht. Nun ist das Projekt auf der Zielgeraden, aber es deutet einiges darauf hin, dass es statt des großen Wurfs voraussichtlich nur eine Minimallösung geben wird.

Um die Wünsche der Bürger zu sammeln und zu finanzieren, erhalten die Bezirksausschüsse danach künftig aus dem Rathaus zusätzlich zwei Euro pro Bewohner. Das würde für die 25 Stadtbezirke etwas mehr als drei Millionen Euro zusätzlich kosten, hinzu kämen noch Ausgaben für neues Personal und die Technik. Ihr bisheriger Etat, aus dem sie Zuschüsse für Straßenfeste, Vereine oder schulische Aktivitäten leisten, bleibt den Bezirksausschüssen erhalten. Das neue, ausgeweitete Konstrukt soll Stadtbezirksbudget heißen.

Dies sieht der Entwurf vor, der voraussichtlich noch in diesem Jahr in einer gemeinsamen Sitzung des Verwaltungs- und Personalausschusses im Rathaus beschlossen werden soll. Dieser Entwurf weicht sehr stark von dem Vorschlag ab, den eine Projektgruppe mit zehn Vertretern der Bezirksausschüsse sowie Experten der Stadtverwaltung im vergangenen Jahr erarbeitet hat.

Die Projektgruppe hatte ein Modell befürwortet, bei dem alle Vorschläge der Bürger in einer Online-Plattform gesammelt und dort auch diskutiert werden. Dort sollten die Bürger dann auch eine Rangliste der zu fördernden Projekte aufstellen. Die Bezirksausschüsse sollten danach, auch mit Blick auf die Expertise der Verwaltung, selbständig die entsprechenden Entscheidungen treffen und diese aus ihren Budgets auch finanzieren.

Allerdings forderten die zehn BA-Mitglieder der Projektgruppe für diese Aufgabe fünf Mal mehr Geld, als ihnen der Stadtkämmerer nun zugestehen will: zehn Euro pro Einwohner. Außerdem pochten sie darauf, dass ihnen ein Aufschlag von 20 Prozent aufs Budget zugestanden wird, um damit auch etwaige Folgekosten von Investitionen - zum Beispiel den Unterhalt von Bauten - abzudecken. Außerdem plädierten die Stadtviertel-Vertreter dafür, dass ihr bisheriges Budget für Zuschüsse an Vereine oder Schulen unangetastet bleibt.

Sieben Bezirksausschüsse zeigten sich in der ersten Runde der Stellungnahmen von den Vorschlägen der Projektgruppe angetan, sieben andere lehnten den Bürgerhaushalt grundsätzlich ab und begründeten ihr Nein mit dem hohen Aufwand. Sie fänden es besser, wenn man ihr althergebrachtes Budget aufstocken und so zusätzliche Bürgerwünsche abdecken könnte.

Elf der 25 Bezirksausschüsse zeigten sich zwar mit dem Bürgerhaushalt grundsätzlich einverstanden, machten ihre Zustimmung aber von teilweise umfangreichen Änderungswünschen abhängig. Dementsprechend fällt das Fazit aus dem Rathaus ernüchternd aus: Das Meinungsbild der Bezirksausschüsse sei "gespalten und vielfältig". Vor allem bei einem Thema wie dem Bürgerhaushalt sei es jedoch unabdingbar, dass diejenigen, die ihn mit Leben erfüllen sollen, "ihn uneingeschränkt befürworten"; eine "zwangsweise Einführung" sei jedenfalls "nicht zielführend".

Die Stadtkämmerei und die städtische Schaltzentrale Direktorium lehnen es deshalb auch ab, den Bürgerhaushalt vor seiner stadtweiten Einführung in einigen wenigen Pilotprojekten zu testen. Das stehe, auch mit Blick auf die Haushaltslage, in keinem angemessenen Kosten-Nutzen-Verhältnis. Stattdessen solle, wie von einigen Bezirksausschüssen ohnehin vorgeschlagen, das bestehende BA-Budget erhöht und in das neue Stadtbezirksbudget überführt werden.

© SZ vom 17.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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