Münchner Ratskeller:Fränkisch-Badische Weinwirtschaft schließt

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Die alte Küferei im Ratskeller München. (Foto: Corinna Guthknecht)

Wirt Peter Wieser sperrt die Türen aus wirtschaftlichen Gründen zu. 360 Plätze fallen weg, die Gastronomie in den Rathausgewölben schrumpft um ein Drittel.

Von Julian Raff

Bis jetzt hat die Altstadt-Gastronomie das bittere Krisenmenü aus Corona, Personalmangel und Inflation einigermaßen verdaut, nun allerdings muss ausgerechnet Münchens zentralste Gaststätte ihr Angebot herunterfahren: Zum Jahresende schließt Ratskeller-Wirt Peter Wieser seine Fränkisch-Badische Weinwirtschaft, aus wirtschaftlichen Gründen. In den Weinstuben und der benachbarten alten Küferei fallen insgesamt 360 Plätze weg. Die Gastronomie in den Rathausgewölben schrumpft damit um ein Drittel.

Im Ratskeller-Hauptrestaurant läuft der Betrieb, wie Wieser erzählt, vielleicht nicht mehr ganz auf dem Rekordniveau von 2019, er hat sich aber, im Gleichtakt mit dem München-Tourismus, doch erstaunlich gut von der Coronaflaute erholt. In der Weinwirtschaft, die wegen Personalmangels seit einiger Zeit nur noch unter der Woche öffnet, bleibt dagegen- früher undenkbar - mancher Tisch leer. Fünfstellige Verluste dauerhaft aus dem Hauptbetrieb ausgleichen, das könne und wolle er nicht, mit Blick auf den Gesamtertrag, aber auch aus steuerlichen Gründen, so Wieser.

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Verloren geht nun, was im Stadtzentrum rar geworden ist, nämlich eine Einkehrmöglichkeit, die speziell auf ältere Stammgäste zugeschnitten ist, mit gediegenem Ambiente, (für Innenstadtverhältnisse) relativ günstigen Speisen, moderaten Weinpreisen und nicht zuletzt der täglichen Livemusik aus dem Volksmusik- und Schlagerbereich. Viele der älteren Stammgäste mussten altersbedingt umziehen, hätten an Mobilität eingebüßt oder seien schlicht verstorben, haben Wieser und sein Team aus dem Kreis derer erfahren, die noch regelmäßig kommen. Andere wiederum könnten sich auch nach der Pandemie nicht mehr so leicht zu Altstadtbummel und Einkehr aufraffen wie davor. Zusätzlich gelitten habe der Betrieb unter der S-Bahn-Baustelle am Marienhof, die den Eingang zum Weinkeller beeinträchtige, ganz zu schweigen vom Freiluftbetrieb.

Der Schritt falle ihm nicht leicht, erklärt der Gastronom. Schließlich sehe er das Weinlokal als sein "Baby", auch wenn es am 6. Januar immerhin noch seinen 30. Geburtstag erleben durfte. In der Küche sei das Lokal im Lokal gerade noch zu stemmen gewesen, anders beim Service. Bedienten vor der Pandemie noch 16 Kräfte die Stammgäste, bestens vertraut mit deren Wünschen, so kann Wieser heute nur noch sieben Bedienungen hier einsetzen.

Eine Besonderheit der Citylage verschärft das Problem: Das saisonale Hauptgeschäft haben Wieser und seine Innenstadt-Kollegen zuletzt mit amerikanischen Touristen gemacht und die sind es gewohnt, auch auf stattliche Preise 20 Prozent Trinkgeld aufzuschlagen, wie es in den USA wegen der niedrigen Grundlöhne üblich bis obligatorisch ist. Nicht, dass die Stammgäste knauserig gewesen wären, aber unter diesen Umständen lasse sich nun mal kaum ein Kollege für die Schicht im Weinlokal begeistern. Dank Umsatzpacht kann sich der Wirt die schmerzhafte Schrumpfkur leisten, komplett zusperren wird er die neogotischen Prachtgewölbe aber nicht. Sie können weiterhin für Veranstaltungen gebucht werden. Stammtisch-Gäste können, wenn sie wollen, ins Hauptlokal umziehen, sichert Wieser zu.

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