München:Herr über 150 Stationen

Lesezeit: 2 min

Ob Flüchtlingskrise, Terrorwarnung oder nur ein kleines Gleis-Detail: Heiko Hamann behält die Ruhe. (Foto: Stefanie Preuin)

Münchens Bahnhof-Manager Heiko Hamann hört auf

Von Andreas Schubert, München

Heiko Hamann wirkt wie einer, den so leicht nichts aus der Ruhe bringt. Ruhe bewahren war auch im Sommer vor zwei Jahren gefragt, als Tausende Flüchtlinge am Münchner Hauptbahnhof ankamen und die Ordnung im Bahnhof aufrecht erhalten werden musste. "Am Anfang war es harmlos", erinnert sich der 63-Jährige. Täglich stiegen zunächst 80 bis 150 Geflüchtete aus Zügen, die aus Italien, Österreich oder Ungarn nach München kamen. Doch Ende August waren es bis zu 12 000 Menschen, der Betrieb am Bahnhof drohte zusammenzubrechen. Hamann übernahm die Leitung des Krisenstabs und organisierte zusammen mit der Bundespolizei eine halbwegs geordnete Ankunft. Der Starnberger Flügelbahnhof wurde zur zentralen Ankunftshalle für die Flüchtlinge, vor dem Bahnhof wurden Zelte aufgestellt, in denen die Ankommenden medizinisch untersucht wurden, über alle Maßnahmen behielt der Bahnhofsmanager den Überblick. Dabei ging es um viele Details: Sind die Fluchtwege breit genug? Wie kommen die übrigen 450 000 Passagiere täglich möglichst reibungslos zu den Zügen? Irgendwie klappte es. Und als ein paar Wochen später das Oktoberfest begann, lief es trotz gegenteiliger Befürchtungen vorab am Hauptbahnhof ganz gut.

Hamann wird diese Wochen als Krisenmanager in Erinnerung behalten, wenn er seinen Posten zum Ende des Jahres räumt. Dabei hat er in 47 Jahren bei der Bahn schon einiges erlebt. Als Azubi fing er in Karlsruhe an, später wechselte er zur Bahnpolizei und arbeitete nach einer journalistischen Ausbildung 15 Jahre bei der Pressestelle der Bundesbahndirektion in Karlsruhe, wo er 1996 Bahnhofsmanager wurde. Diesen Posten übernahm er dann 2005 in München. Seither ist er der Aufseher über 150 Bahnhöfe im gesamten S-Bahn-Bereich. Er hat den Überblick über alle Bauarbeiten, wenn irgendwo etwas kaputt geht oder ein Bahnhof nicht sauber ist, fällt das in seine Verantwortung. Während Hamann in der Osteria im Hauptbahnhof über sich erzählt, fällt ihm nebenbei beim Blick durchs Fenster ein Wagen mit leeren Paletten im Gang auf. "Das darf nicht sein", sagt er, gleich danach werde er sich darum kümmern. Details eben, die dem Fahrgast vielleicht nicht direkt auffallen, die aber den Gesamteindruck eines Bahnhofes prägen. Der soll, so sieht der Badener das, auch ein Aushängerschild einer Weltstadt sein. So veranlasste er gleich nach seinem Amtsantritt 2005, dass das Gebäude auch nachts zugänglich wurde.

Ein weiterer Ausnahmezustand, der in seine Zeit als Bahnhofschef fiel, war die Terrorwarnung in der Silvesternacht 2015/2016. Weil er gerade in seiner badischen Heimat weilte, nahm er per Handy am Krisenstab teil, zum Glück passierte nichts. "Mit friedlich anstoßen war's aber nichts mehr", sagt Hamann.

Bis zu seiner Pensionierung wird er noch als Berater für den Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke arbeiten, dann ist Schluss. Dann will er viel reisen. Und sich in so mancher Stadt die dortigen Bahnhöfe anschauen.

© SZ vom 29.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: