Giro di Monaco:"Rennt's nicht wie die Ochsen los, sonst haut's euch in zwei Kilometern um"

Lesezeit: 3 min

Zigtausende treibt es am Sonntag beim Giro di Monaco auf die Straßen. (Foto: Catherina Hess)

Zig Tausende Menschen rennen beim Benefizlauf "Giro di Monaco" auf dem gesperrten Altstadtring mit - und setzen auch ein Zeichen der Solidarität mit Geflüchteten und Kriegsopfern.

Von Andrea Schlaier

Um Acht in der Früh hat man sich noch weiße Schuhsohlen auf der Blumenstraße geholt. Auch wenn sich die Sonne an diesem Morgen ambitioniert verausgabt, so schnell kann selbst sie nicht trockenstrahlen, was einer hier kurz nach Fünf in Riesenlettern auf den Asphalt gedruckt hat: "BELLEVUE DI MONACO RUN FOR PEACE". Um neun Uhr schließlich ist dann nichts mehr davon zu sehen und eh wurscht, weil um die Uhrzeit hier schon Tausende stehen, so weit das Auge reicht, in dem Fall von der Hauptfeuerwache bis zum Viktualienmarkt. Sie sind an diesem Sonntag gekommen, um rings um die Altstadt eine Runde für den Frieden in Europa und der ganzen Welt zu drehen.

6800 haben sich zum Benefizlauf "Giro di Monaco" angemeldet, Zigtausende laufen einfach so mit oder sind einfach da, um das wieder erwachte Leben auf der Straße zu feiern. Getragen auch "von der Sehnsucht, endlich wieder niederschwellig was Schönes gemeinsam zu machen", wird der Münchner Alltime-Impresario Till Hofmann, Kopf der Veranstalter, der Sozialgenossenschaft Bellevue di Monaco, später sagen. Für den Sound zum Tag hat er einige der Gute-Laune-Boys und -Girls aus seinem Künstler- und Society-Netz verpflichtet. Und für den Weg zum Ziel außerdem Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) politisch und als Schirmherrn gewonnen: Schließlich musste für die 5,4 Kilometer lange Strecke der Altstadtring stundenlang gesperrt werden.

5,4 Kilometer lang, acht Höhenmeter: die Musiker der "Express Brass Band" gehen die Strecke eher gemächlich als im Expresstempo an. (Foto: Catherina Hess)

"Applaus, Applaus" schallt's schon zum "Warm up" auf die versammelte Gemeinde von weit oben: Auf dem Doppeldecker-Bus am Start geben die Sportfreunde Stiller nach fünf Jahren Pause wieder ein Heimspiel. Ein paar Späßekens und Animationen von dieser erhöhten Stelle aus später rät Paul Breitner: "Rennt's nicht wie die Ochsen los, sonst haut's euch in zwei Kilometern um". Schließlich wartet die Strecke mit acht Metern Höhenunterschied auf und führt im Uhrzeigersinn von Blumenstraße über Lenbachplatz, Isartor, Viktualienmarkt und zurück. Während sich unten am Bus Promis und Selfie-Jäger drängeln, wird's oben dann offiziell: "München", sagt Hofmann, "soll immer ein starkes Dach bieten", für die, die's brauchen, und "die Türen unten sollen offen bleiben."

Die Spenden des Laufs fließen in die Flüchtlingsarbeit von Bellevue di Monaco, unter anderem das Partnerprojekt Ocelanie in Polen, das sich dort um Geflüchtete aus der Ukraine kümmert. Die ukrainische Studentin Taya Vinohradova kommt zu Hofmann und erzählt von der Mini-Serie über die Giro-Förderer, die sie mit Sportfreunde Stiller-Schlagzeuger Flo Weber und Filmemacherin Suli Kurban gedreht hat ( www.giro-di-monaco.de).

Von der No-Go-Area zur To-Go-Area

Martin Hänsel vom Bund Naturschutz ist einer von ihnen, der sich die Gelegenheit zur politischen Bewusstmachung nicht entgehen lässt: "Wir haben uns total entwöhnt von diesen Plätzen, die finden bei uns im Kopf nicht mehr statt, das sind No-Go-Areas." An diesem Sonntag wird der Altstadtring zur To-Go-Area, und auch der Oberbürgermeister lässt sich in seiner Begrüßung von der grassierenden Hochstimmung mitreißen: "Was man in München beginnt, kann man auf jeden Fall wiederholen. Es muss hier kein Auto fahren jeden Sonntag." Außerdem setze der Giro ein "sensationelles Zeichen" für die Solidarität, auch für die Ukraine, und eins, um "wieder was von Optimismus auszustrahlen".

Antreibende Rhythmen zum Endspurt kommen von "La Brass Banda". (Foto: Catherina Hess)

Mailin Schoening, 50, die mit ihrem Sohn Timo, 12, im Pulk wartet, bis es endlich losgeht, schwärmt vom "Flair, total cool!" Die Freundinnen Julia Knab, 31, Lena Höcht, 32, und Michelle Schreder, 28, sind durchaus lauferfahren. "Aber hier geht's nicht um Sportliches", sagt Schreder. "Es ist wichtig", so die Freundinnen, "größere öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen und ein Statement für den Frieden zu setzen." Und dann laufen alle los, quer durch Alters- und Gewichtsklassen, mit Hund, Buggy und Mottowagen. Geschafft hat's, wer den treibenden Beat von La Brass Banda am Ziel vernimmt oder Gündalein oder Liberty Experience...

Ahmed Saleh steht lächelnd mit seiner orangen Weste am Straßenrand und schaut zu. "Sehr schön, diese Leute. Das gefällt mir." Der 27-Jährige, der aus dem Jemen stammt, hat seit fünf Uhr beim Aufbau geholfen. Möglicherweise sind seine Schuhsohlen weiß.

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