Einführung 2022:Digitale letzte Ruhe

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Neue Software soll Friedhofsverwaltung effizienter machen

Von Anna Hoben

Die Münchner Friedhofsverwaltung ist die größte ihrer Art in Deutschland, sie betreibt 29 städtische Friedhöfe und ein Krematorium. Jedes Jahr sterben in München etwa 11 000 Menschen - 4000 werden in der Erde bestattet, 7000 in einer Urne beigesetzt. Die Mitarbeiter verwalten die Nutzungsrechte von 260 000 Grabstätten. Sie unterhalten und pflegen 415 Hektar Friedhofsfläche sowie die Friedhofsgebäude. Und sie planen neue Friedhofs- und Grabflächen. Hinter all diesen Zahlen steckt ein immenser Verwaltungsaufwand, der künftig digitaler und damit einfacher gestaltet werden soll. Dafür legt die Stadt sich eine neue Software zu, den Kauf hat der IT-Ausschuss im Stadtrat am Mittwoch beschlossen. Davon profitieren sollen neben den Mitarbeitern vor allem die Bürger.

Der Titel der Vorlage ("Lifecycle Friedhofsverwaltung"), die das IT-Referat ausgearbeitet hat und mit der sich die Kommunalpolitiker beschäftigen mussten, klingt auf den ersten Blick ein bisschen schräg, auf den zweiten dann aber irgendwie doch ganz passend - zum Lebenszyklus gehört schließlich auch der Tod. In diesem Fall geht der Begriff allerdings auf die IT-Welt zurück und bezieht sich auf das System, das die Verwaltung für ihre Aufgaben nutzt. Und das ist mittlerweile ziemlich überholt. "Der ursprünglich geplante Lebenszyklus des im Jahre 2004 beschafften Fachverfahrens wurde bereits deutlich verlängert beziehungsweise überschritten", heißt es in dem Papier. Außerdem weise es "Schwächen in Bezug auf die Digitalisierung" auf. Bisher gebe es zum Beispiel - bis auf die Terminvergabe - keinerlei Schnittstelle zu Bestattungsunternehmen oder zu Bürgerinnen und Bürgern.

Die Mitarbeiter müssen bisher sehr analog arbeiten - wie an anderen Stellen in der Verwaltung ja auch. Bestimmte Informationen müssen sie mitunter mehrmals händisch einpflegen. Hat eine Mitarbeiterin im Modul Krematorium einen Bestattungstermin geändert, muss sie ihn anschließend manuell im Modul Friedhof ändern. So können Fehler entstehen. Weil das System nicht mit dem Straßenverzeichnis der Stadt verbunden ist und auch die Straßennamen manuell eingetragen sind, gibt es zudem ein gewisses Risiko, dass Dokumente an falsche Adressen gesendet werden. Auch Verstorbene werden immer wieder fälschlicherweise angeschrieben. Arbeitsabläufe dauern lang und sind mit viel Papier verbunden. Die Unterlagen zu allen Schritten werden ausgedruckt und weitergeleitet. Dazu kommt, dass das System sich nicht an mobile Geräte anpasst und schlecht am eigentlichen Ort, also auf dem Friedhof, genutzt werden kann.

Zeitaufwendig und mitunter kompliziert ist die Bürokratie auch für die Angehörigen der Verstorbenen, die sich ohnehin in einem schwierigen emotionalen Zustand befinden. "Man muss bisher alles vor Ort regeln", sagt der SPD-Stadtrat Lars Mentrup. In dem neuen System sollen Grabinhaber und Bestattungsunternehmen künftig alle Themen rund um das Grab online regeln können. Ihre Anfragen sollen deutlich schneller beantwortet werden. Das neue System soll für alle Seiten Vorteile bringen, vor allem aber den Angehörigen "das Leben in einer schwierigen Situation erleichtern", so Mentrup. Intern sollen neben viel Zeit auch pro Jahr 24 000 Blatt Papier eingespart werden - und damit letztlich eine Tonne CO₂, wie die Verwaltung berechnet hat. Gekauft werden soll die 600 000 Euro teure Software im zweiten Quartal 2021, die Einführung ist fürs erste Halbjahr 2022 geplant. Die Verwaltung rechnet dann pro Jahr mit Kosten von ebenfalls etwa 600 000 Euro. Die durch mehr Effizienz generierten Einsparungen sollen das jedoch mehr als ausgleichen.

Auch die Grünen sind von dem Projekt überzeugt. Man sehe daran gut, wie die Digitalisierung vieles "praktischer, transparenter, billiger und papierschonender" mache, sagt Fraktionschef Florian Roth. Es sei nur gut, wenn das Bürokratische für Menschen in einer solch schwierigen Situation einfacher werde und sie sich auf das Wesentliche konzentrieren könnten. Zustimmung kommt auch von der CSU. "Wir begrüßen das sehr", sagt Stadträtin Sabine Bär. Es gebe keine Alternative dazu: "Irgendwann wird man das Ganze nicht mehr analog verwalten können."

© SZ vom 15.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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