Feuerwehr-Einsätze 2020:Löschen, retten, Masken verteilen

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Ein Einsatz für die Feuerwehr: Bienenvölker müssen vor den Flammen gerettet werden. (Foto: Berufsfeuerwehr München)

Auch wenn die Feuerwehr im vergangenen Jahr zehn Prozent weniger alarmiert wurde, war es für die Frauen und Männer kaum ruhiger. In der Pandemie werden die Einsatzkräfte ständig gebraucht - und oft auch von Bienen, Katzen oder Karpfen.

Von Julian Hans

Das Jahr 2020 war für die Münchner Feuerwehr wie ein Jahr voller Sonntage. Nicht so feierlich zwar und nicht so schön. Aber die Zahl der Einsätze sei unter Pandemie-Bedingungen an Werktagen etwa auf dem Niveau gewesen wie sonst am Sonntag, erklärt Oberbranddirektor Wolfgang Schäuble am Mittwoch bei der Vorstellung des Jahresberichts in der Hauptfeuerwache. Grund sei die eingeschränkte Mobilität und Aktivität: "Wenn die Leute weniger tun, passiert weniger."

So sei die Zahl der Einsätze zur technischen Hilfeleistung während des ersten Lockdowns im Frühjahr fast um die Hälfte zurückgegangen. Die Zahl der Brandeinsätze nahm im gleichen Zeitraum um mehr als 15 Prozent ab. "Wenn die Leute zu Hause sind, vergessen sie nicht so leicht ihr Essen auf dem Herd", schlussfolgert Schäuble. Über das gesamte Jahr wurden Feuerwehr und Rettungsdienste genau 80 678 Mal alarmiert; 2019 waren es 88 382 Alarme gewesen, also fast zehn Prozent mehr.

Ab und zu gibt es bei der Feuerwehr richtige Großeinsätze wie im Oktober. Da stürzte ein mehr als 20 Meter hoher Kran vom Dach eines Hochhauses in der Arabellastraße. (Foto: Berufsfeuerwehr München)

Ausruhen konnten sich die Retter deshalb nicht. Zwar seien etwa die gesetzlich vorgeschriebenen Brandsicherheitswachen bei Konzerten, in Theatern und bei anderen Veranstaltungen weggefallen. Dafür unterstützen etwa 60 Feuerwehrfrauen und -männer das Gesundheitsamt bei der Kontaktnachverfolgung. Die Erwähnung beider Geschlechter ist wichtig, auch wenn von den 1696 Feuerwehrleuten im Einsatzdienst nur 17 weiblich sind. Immerhin sei die Tendenz steigend, heißt es im Jahresbericht: vor fünf Jahren waren es nur zwölf Frauen.

Als Chef der Berufsfeuerwehr ist Schäuble gleichzeitig auch Chef des Katastrophenschutzes. Früher bedeutete das immer mal wieder die Koordination von Rettungskräften und Hilfsmaßnahmen bei Unwettern oder wenn Ortschaften durch starken Schneefall von der Außenwelt abgeschnitten waren. Die dauerten einige Tage oder vielleicht auch mal einige Wochen. In diesem Jahr war das ein Dauereinsatz, der etwa ein Drittel bis die Hälfte seiner Arbeitszeit beansprucht habe, schätzt Schäuble.

Im März 2020 baute die Feuerwehr zusammen mit anderen Behörden innerhalb einer Woche ein Verteilzentrum für Masken, Schutzkleidung und Desinfektionsmittel auf, zunächst in der Übungshalle der Feuerwehrschule in Sendling. Später wurde das Logistikzentrum in die Kleine Olympiahalle verlegt. Auf etwa 3000 Quadratmetern wurden täglich mehrere tausend Schutzanzüge, Masken, Handschuhe und Desinfektionsmittel ausgegeben oder an Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime und Schulen geliefert. Arztpraxen konnten ihren Bedarf an einem Drive-In-Schalter decken. Unterstützt wurden die Profis von der Feuerwehr dabei von vielen Münchnerinnen und Münchnern, die ihren eigentlichen Beruf gerade nicht ausüben können: Schauspielerinnen und Schauspieler, Musikerinnen und Musiker schnürten die Pakete mit der Schutzausrüstung.

Der Alltag bei der Feuerwehr bietet ständig neue Herausforderungen: Zum Beispiel umgekippte Autos aufstellen. (Foto: Berufsfeuerwehr München)

Die Feuerwehr sei dabei zwar immer nur "Speerspitze", bis die Verteilung durch private Logistikdienstleister übernommen werden kann. Aber es kommen immer wieder neue Herausforderungen dazu; derzeit müssen Schnelltests für Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer an Münchner Schulen verteilt werden.

Von den 80 678 Einsätzen fiel mehr als die Hälfte auf den Rettungsdienst der in München an die Berufsfeuerwehr angebunden ist. 56 477 Mal wurden die Rettungswägen durch die Leitstelle alarmiert. In 16 160 Fällen leistete die Feuerwehr technische Hilfe, 6812 Mal rückten die Einsatzkräfte zu einem Brand aus, 548 Mal zur Beseitigung von Chemikalien oder anderen Gefahrenstoffen. Unter allen Einsätzen der Feuerwehr waren 4279 Fehlalarme.

Bei Bränden führt die Feuerwehr sogar darüber Buch, auf welchem Weg Personen aus dem betroffenen Gebäude gerettet wurden. Meistens ist das das Treppenhaus, wenn es nicht verraucht ist. 83 solcher Fälle stehen in der Statistik. In 45 Fällen mussten Personen mit einer sogenannten Fluchthaube durch ein verrauchtes Treppenhaus ins Freie gebracht werden. 41 Personen rettete die Feuerwehr über die Drehleiter. Die Feuerwehr rät, bei einem Brand in größeren Gebäuden, lieber die Türen zu schließen und auf Hilfe zu warten, statt auf eigene Faust durch das Treppenhaus zu fliehen. Die Gefahr ist groß, sich dabei eine Rauchvergiftung zu holen. Im Februar ist bei einem Brand in einem Wohnheim in der Studentenstadt eine junge Frau so ums Leben gekommen.

Häufigster Einsatzgrund war 2020 allerdings kein Feuer sondern das Öffnen verschlossener Wohnungstüren. Mehr als 5000 Mal sind die Feuerwehrleute dafür ausgerückt. Allerdings sind sie nicht die günstigere Alternative zum Schlüsseldienst; sie öffnen Türen nur dann, wenn der begründete Verdacht besteht, dass sich in der Wohnung eine hilflose Person befindet, die aus einer Gefahr gerettet werden muss. An zweiter Stelle bei der Häufigkeit steht der Alarm durch eine Brandmeldeanlage, der hat die Feuerwehr in 3440 Fällen gerufen. An dritter Stelle steht schon die Rettung von Kleintieren mit 1450 Fällen.

Zwar befreiten die Einsatzkräfte 2020 auch ein Chamäleon, einen Adler und einen Karpfen aus misslichen Situationen. Eine Fledermaus hatte sich unter einem Sofa verkrochen. Aber das waren eher die Ausnahmen. Anders als vielleicht manche erwarten, liegen auch Katzen, die ihre Kletterkünste überschätzt haben, nicht an erster Stelle. Sie teilen sich den zweiten Platz mit den Enten mit je 135 Rettungen. Am häufigsten fing die Feuerwehr 2020 Bienenschwärme ein, nämlich 227 Mal. Bei einem Brand in einem Kleingarten retteten die Einsatzkräfte gleich mehrere Völker vor den Flammen.

© SZ vom 25.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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