München:Auf der Jagd nach dem besten Bild

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Vor 40 Jahren wurde der 1. Fotoclub Neuperlach gegründet. Eine Ausstellung zum Jubiläum zeigt das bisher Erreichte

Von Carlotta Roch

Feiern, bis der Arzt kommt: Diese Redensart wird eher mit übermotivierten Discothekenbesuchern in Verbindung gebracht, doch auch Norbert Steidl kann davon ein Lied singen. Gemeinsam mit einer Gruppe von türkischen Seidenmalerinnen, erinnert er sich, stellten die Mitglieder des 1. Fotoclubs Neuperlach (FC) Anfang der 2000er Jahre eine Ausstellung im Krankenhaus Neuperlach auf die Beine - und nahmen das Sprichwort wörtlich. Nach der Veranstaltung wurde "zusammen in dem Schulungsraum, der uns zur Verfügung gestellt wurde, so lange gefeiert, bis irgendwann der Stationsarzt kam und uns ermahnt hat", erzählt Steidl und lacht. Die Party sei dann kurzerhand ins Stadtteilbüro Neuperlach, wo der FC seit 1986 untergebracht ist, verlagert und fortgesetzt worden. Jetzt hat der Club einen weiteren Grund zu feiern: seinen 40. Geburtstag.

Damals, im Jahr 1979, hatten sich vier passionierte Hobby-Fotografen zusammengetan und den Club gegründet. Vier Männer, die, wie Steidl erzählt, einfach Lust auf Fotografie hatten, sich austauschen und gemeinsam Zeit in der Dunkelkammer verbringen wollten. Das Tolle an einer Dunkelkammer ist natürlich, dabei zuschauen zu können, wie die Fotomotive immer klarer werden, meint Steidl. Es habe eine ganz "andere Wertigkeit, wenn man alles selbst gemacht hat".

Früher musste jedes analoge Foto wohl überlegt sein, sonst war schnell der Film alle. Heute stellt sich die Kostenfrage bei den digitalen Aufnahmen nicht mehr. (Foto: 1. Fotoclub Neuperlach)

Mit dem Umbau 2013 musste die Dunkelkammer leider weichen, doch Steidl trauert dem nicht hinterher. Eine Dunkelkammer würde das Zeitbudget der Mitglieder heute ohnehin sprengen. Der Aufwand ist schließlich weitaus höher als bei der digitalen Fotografie. Zuerst das Anrühren der Chemie, das Entwickeln, das Fixieren, das Trocknen - das kostet Zeit. "Aber es ist schön, sich daran zu erinnern."

Seit Ende 1989 ist Steidl aktives Mitglied. Es war einer der vier Gründungsväter, Nils Seelecke, der ihn damals auf den Zusammenschluss der Fotografiebegeisterten aufmerksam machte, nachdem Steidl den Club-Gründer Seelecke um Rat vor dem Kauf einer Spiegelreflexkamera gebeten hatte. Der Rest ist Geschichte. "Zu uns kann jeder kommen, der Lust hat", meint Steidl. Im Laufe der Jahre haben so Menschen im Altersspektrum von 20 bis 70 Jahren ihren Weg in das Stadtteilbüro gefunden.

Ebenfalls im Gedächtnis geblieben ist dem 54-Jährigen der gemeinsame Ausflug des FC in eine tschechische Glasbläserei. Damals "waren wir mit den Nasen direkt im Geschehen dabei und haben noch zusätzlich bei einem Jäger gewohnt", erzählt er. "So etwas macht immer Spaß." Dazu kommt, dass man sich bei solchen Events nicht nur über die Fotografie unterhält, sondern über Gott und die Welt.

Sorge macht Steidl nur eins: dass Vereinigungen dieser Art zur aussterbenden Spezies werden. "Jeder kann sich heutzutage gute Kameras anschaffen und hochwertige Fotos schießen." Beim analogen Fotografieren war noch jedes Bild mit Geld verbunden, damals hat man es sich noch gut überlegt, was man fotografiert. Heute habe sich der Umgang damit grundlegend gewandelt. Außerdem ist der 1. Fotoclub kein eingetragener Verein und bezieht seine Einnahmen ausschließlich über die Mitgliederbeiträge, die leider in den vergangenen Jahren immer weniger geworden sind - "aktuell sind nur noch vier Mitglieder wirklich aktiv", meint Steidl.

Beim Blick durch den Sucher neue Wirklichkeiten entdecken: Bei ihren Exkursionen haben die Mitglieder des 1. Fotoclubs Neuperlach viele Facetten Münchens entdeckt und festgehalten. (Foto: Fotos: 1. Fotoclub Neuperlach)

Zum Geburtstag werden die vergangenen 40 Jahre nun am Samstag, 19. Oktober, dennoch gebührend gefeiert. Jedes Mitglied bringt Fotos mit, so kamen insgesamt 30 Bilder zusammen, die an allen möglichen Ecken in München und darüber hinaus aufgenommen wurden. Die Vernissage beginnt um 18 Uhr im Stadtteilbüro Neuperlach im Sudermannzentrum, Gerhart-Hauptmann-Ring 56. Die Ausstellung ist danach von Montag, 21. Oktober, bis zum 31. Dezember zu sehen, zu den üblichen Öffnungszeiten des Büros.

© SZ vom 18.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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