München:1300 Menschen von Obdachlosigkeit bedroht

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Die Arbeiterwohlfahrt München-Land reagiert auf zunehmende Armut im Landkreis mit verstärktem Engagement

Von Sabine Wejsada, München

Mehr als 500 Mitarbeiter, einen Jahresumsatz von 20 Millionen Euro, verantwortlich für 70 Einrichtungen wie zum Beispiel Kitas, Jugendsozialarbeit an Schulen, Wohnungsnotfallhilfe, Sozialkaufhäuser und Seniorentreff im Landkreis und stetig wachsende Aufgaben im sozialen Bereich: Darum kümmern sich bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) München-Land seit genau hundert Tagen zwei hauptberufliche Vorstände.

Annette Walz, 45, und Michael Germayer, 53, haben ihre Ämter im November übernommen. Angesichts der finanziellen Ausstattung und der Vielzahl an Beschäftigten hat der Wohlfahrtsverband im Kreis München seine Struktur verändert. Vom Vereins- in ein Präsidiumsmodell, dem Max Wagmann, der langjährige ehrenamtliche Chef des 950 Mitglieder zählenden Kreisverbandes, vorsteht. Und zusammen mit seinen vier Kollegen die Aufsicht über die beiden Neuen hat.

"Es lässt sich gut an", sagt Wagmann nicht ohne Stolz. Und das muss es auch angesichts der vielfältigen Arbeitsgebiete, die der Wohlfahrtsverband im Landkreis hat: Sozialbetreuung von Flüchtlingen, Jugendsozialarbeit, Schulbegleitung, Wohnbaugenossenschaft und Obdachlosenhilfe. Die Arbeit der Awo wird nicht weniger, sondern mehr - auch und gerade in einem solch prosperierenden Landkreis wie dem Münchner, wo die Mieten unbezahlbar sind und immer mehr Menschen von Armut bedroht sind, wie Michael Germayer sagt.

Dabei gehe es allerdings nicht nur um die finanzielle Not, auch um die soziale. So habe die Awo zum Beispiel mit ihren "Klawotte"-Sozialkaufhäusern, die es mittlerweile in Kirchheim, Martinsried, Ottobrunn Unterhaching und Unterschleißheim gibt, nicht nur eine Möglichkeit geschaffen, günstig an Kleidung zu kommen; die Einrichtungen dienten auch als Treffpunkte und Orte des bürgerschaftlichen Engagements", so Germayer.

Ein ganz wichtiger Bereich ist für die neue Doppelspitze die Notfallhilfe bei drohendem oder bestehendem Wohnungsverlust. Seit 2007 besteht die Wohnungsnotfallhilfe als Einrichtung des Awo-Kreisverbandes, bei der sich Bürger aus dem Landkreis rund um das Thema Wohnen Rat und Unterstützung holen können. Im Landkreis seien 1300 Menschen davon bedroht, ihr Zuhause zu verlieren.

Die Arbeiterwohlfahrt plant deshalb, schon bald eine mobile Obdachlosenhilfe einzurichten, nachdem mehrere Kommunen auf den Verband zugekommen sind. Das Konzept dazu liegt derzeit im Landratsamt und wird geprüft; die Signale sind nach den Worten von Germayer positiv. Vorgesehen ist, dass Betreuer zu den betroffenen Menschen kommen. Diese sind meist in Pensionen in der Stadt München untergebracht, weil es im Landkreis mit Häusern in Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Planegg und Gräfelfing nur drei Notquartiere gibt, die bei weitem nicht ausreichen.

In Obermenzing bieten seit Mai 2016 zwei Neubauten 199 Bettplätze für wohnungslose Familien aus München an. In den beiden Häusern leben Familien, die ihre Wohnung verloren haben, aber auch Flüchtlingsfamilien mit einer Bleibeperspektive. Das Belegungsrecht hat die Landeshauptstadt, die Sozialbetreuung teilen sich die Arbeiterwohlfahrtsverbände aus dem Landkreis und der Stadt.

Weiterer "Wachstumsbereich" ist nach den Worten von Annette Walz die Schulbegleitung: Mehr als 80 qualifizierte Frauen und Männer helfen Kindern und Jugendlichen bei der Eingliederung. Nicht alle Kinder fänden sich auf Anhieb im Schulalltag zurecht: "Besonders schwierig wird es dann, wenn körperliche, geistige oder seelische Behinderungen die Integration erschweren." Mit individueller Unterstützung könne Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf ein erfolgreicher Regelschulbesuch ermöglicht werden.

Besonders erfreulich sei, so Annette Walz, dass es auf das Angebot eine durchweg positive Resonanz gebe - von den Schulen selbst und von den Eltern betroffener Kinder sowieso.

© SZ vom 10.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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