"Mobil in Deutschland":Welcher dubiose Verein den Blitzatlas herausgibt

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Blick aus dem Sucher einer Laserpistole zur Geschwindigkeitsmessung. (Foto: Matthias Balk/dpa)

"Mobil in Deutschland" stellt regelmäßig den Sinn des Blitzens in Frage. Wer sich näher mit dem Verein beschäftigt, findet Verschwörungstheorien und Fremdenfeindlichkeit.

Kolumne von Andreas Schubert

Für Autofahrer endet am kommenden Mittwoch eine quälende Wartezeit. Das ist der Tag, an dem der Automobilverein "Mobil in Deutschland" in München seinen neuesten Blitzatlas vorstellt. Der wird in schöner Regelmäßigkeit aus Blitzermeldungen im Radio zusammengeschustert. Jedes Mal, wenn der Atlas rauskommt, stellt der Verein dann öffentlich den Sinn des Blitzens in Frage. So wird untermauert, was eh jeder aufgeweckte Deutsche schon im Go-Kart-Alter weiß: nämlich, dass es den Städten oft nicht um Sicherheit geht, sondern um den großen Reibach. Wer so ein solides Volkswissen für eine Verschwörungstheorie hält, sollte erst einmal seinen Führerschein machen.

Der Chef des Vereins, Michael Haberland, hat vermutlich einen Schein für alle Klassen. In einer Videokolumne namens "Mike macht mobil" kurvt der Mann mit einem - klar - Volkswagen durchs Bild und tut seine Meinung kund. Da geht es zum Beispiel gegen Tempolimits und für eine dritte Startbahn am Münchner Flughafen - was man halt so braucht, wenn man ein Überflieger mit Kerosin im Blut ist, da will man sich nicht gerne von bösen Blitzern bremsen lassen. Und die Umwelt? Die muss auch mal zurückstecken können, ist doch wahr!

Klickt man weiter durch die Vereinshomepage mobil.org, stellt man fest, dass zu den natürlichen Feinden des mobilen Mike auch die Kfz-Steuer, die Grünen und offenbar auch der An- respektive Verstand gehören. Veröffentlichungen tragen Titel wie "Kommentar zum Milliardenüberschuss Bund: Nicht in Rücklage für Flüchtlinge, zurück an Autofahrer und Steuerzahler!" oder "Neue Benzinsteuer für Flüchtlingspolitik: Autofahrer werden zu Merkels Melkkühen".

Wow, der Mann scheint sich mit Mobilmachung auszukennen, da kann sich noch so mancher ein Scheiberl Populismus abschneiden. Fehlt bloß noch der Vorschlag, das Geld vielleicht doch für Flüchtlinge und diese zum Bau von Auto- und Startbahnen einzusetzen. Das käme jetzt kaum überraschend, auch nicht, wenn sich der Verein in "Alternative für Dreiradfahrer" umbenennen würde. Rein kürzeltechnisch wäre das ja recht passend.

© SZ vom 06.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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