Countrysänger können irren. Als die Band Truck Stop einst frohen Mutes hinausposaunte, der Wilde Westen fange gleich hinter Hamburg an, lag sie um circa 800 Kilometer daneben. Weiß doch jedes Kind, wo der Wilde Westen tatsächlich beginnt: im Münchner Süden. Seit mehr als hundert Jahren schwelgt in Thalkirchen der Cowboy Club in unerreicht stilechter Lagerfeuer-Romantik. Dass die Cowboys von der Isar norddeutschen Plagiatoren um etliche Lassolängen voraus sind, hat sich am vergangenen Wochenende erst wieder gezeigt. Da stand im Saloon unweit der Floßlände, wo sonst, ein "Amerikanischer Abend" auf dem Programm, wie man ihn am Colorado River nicht packender hätte inszenieren können.
Einer Einführung in die Geschichte des Cowboy Clubs folgte eine Besichtigung historischer Exponate aus den ehemaligen Indianer- und Siedlergebieten. Rothaut-Kopfschmuck und Trecker-Gewand mal im Original, das hat schon was. Anschließend verdichtete eine Mark-Twain-Lesung das Southern-Feeling. Schon Twain hat sich auf der Suche nach dem authentischen Leben bekanntlich in Bayern umgetan, woran zu erinnern war. Noch Fragen im Übrigen zum Thema, in welchem Verein der Colt am heißesten raucht?
Fehlt nur, dass jemand behauptet, der Ferne Osten fange gleich hinter Berlin an. In Wirklichkeit erstreckt sich auch der im Süden von München, jedenfalls kulinarisch. Kaum irgendwo verköstigen mehr asiatische Lokale die Bevölkerung als vom Flaucher isaraufwärts. Im Thalkirchner Nachbarviertel Obersendling bittet neben unzähligen Indern, Chinesen und Vietnamesen sogar ein Mongole zu Tisch. Gefragt wäre also noch eine Jurte für Lesungen. Oder der Cowboy Club hat mal ein Tipi frei. Damit Wildwest und Fernost die Stadt in München-Süd noch bunter machen, als sie ohnehin schon ist.