Mitten in Riem:Das Kreuz mit dem Gipfel

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Selfies gehören inzwischen anscheinend zur Dokumentation des eigenen Wandererlebnisses. Vor allem ganz oben auf dem Berg. Ganz ohne Bergschuhe könnte man auf den Rodelberg im Riemer Park gelangen und vielleicht bald sogar ein Foto von einem "Gipfelkreuz" machen. Denn da soll, so wünscht es sich ein Bürger, mal eines hin. Zumindest ein kniehohes.

Glosse von Ilona Gerdom

Wenn die Sonne scheint, hält viele Münchnerinnen und Münchner nichts mehr in der Stadt. Stattdessen geht es raus. Besonders gerne zum Wandern. Wer zuhause bleibt, braucht eine gute Ausrede. Dass man einfach nicht gern Berge besteigt, kommt nicht gut an. Aber selbst daheim ist man nicht verschont vom Hype. Da wird in den sozialen Netzwerken fleißig gepostet: hier ein glitzernder Bergsee, dort ein Radler mit Blick über die Alpen.

Besonders beliebt als Motiv ist übrigens das Gipfelkreuz. Mal mit, mal ohne Sonnenaufgang. Der Zweck der zwei Holzstreben ist natürlich nicht, Modell für Wander-Influencer zu stehen. Schon im späten 13. Jahrhundert wurden die ersten Kreuze auf Berge gestellt. Besonders oft in Regionen, die katholisch geprägt sind. Doch das Kreuz, so liest man zumindest auf diversen Blogs über "die Bergwelten", hatte nicht nur religiöse Gründe. Es markierte Alm- und Gemeindegrenzen. Mit Ende des Zweiten Weltkriegs diente es oft zum Gedenken an Gefallene. Es schaut also auf eine lange Geschichte zurück. Vielleicht redet Georg Kronawitter (CSU) im Bezirksausschuss Trudering-Riem deshalb von "alpenländischer Gipfelkultur", als er sich für die Weiterleitung eines Bürgeranliegens stark macht. Besagtes Schreiben regt an, auf dem Rodelberg im Riemer Park ein etwa kniehohes Kreuz anzubringen. Im Gremium war man sich uneins. Grüne und SPD argumentierten, dass es bei so vielen Kulturen und Religionen in der Messestadt vielleicht nicht das richtige Zeichen sei. Trotzdem wurde der Wunsch zur Prüfung weitergereicht.

Must-have eines Gipfelkreuzes ist übrigens Name und Höhe des Berges. Das könnte ein Problem werden im Riemer Park. Die Erhöhung ist bisher namenlos. Viele Meter legt man mit dem Schlitten wahrscheinlich auch nicht zurück. Immerhin: An guten Tagen kann man von hier die Alpen sehen. So könnte man dann auch mal Gipfel-Selfies online stellen. Und das ganz ohne Wandern.

© SZ vom 14.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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