Unser alter Bauernschrank ist jetzt eine Konzerthalle. Gestern haben wir die Soundanlage dort installiert, nun ja, den kleinen Bluetooth-Lautsprecher. Die Technik steht also, aber über das Line-up ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Klar ist nur, es wird laut werden, sehr, sehr laut. Lauter als eine Polizeisirene (116 Dezibel). Led Zeppelin vielleicht oder etwas von Motörhead. Womöglich aber auch Klassik mit Wumms, Lärmkunst von Schostakowitsch oder Khatchaturian. Wie ein Düsenjet soll es durch den Schrank fahren. Bei geschlossenen Türen. Schließlich sollen nicht wir, sondern sie, die Holzwürmer, einen Tinnitus bekommen.
Wie immer in solchen Fällen war es ein millimetergroßer Holzmehl-Haufen, der große Panik auslöste. Es brauchte nicht mal eine Lupe für die bittere Erkenntnis: Unser Schrank wird von innen heraus aufgefressen. Jeder, den man fragt, rät in solchen Fällen zu schnellem Handeln, Ratschläge werden gleich mitgeliefert. Ein paar scheiden allerdings von vornherein aus: Auch wenn die Würmer Hitze und Kälte nicht leiden mögen, wir werden unseren Schrank weder in die Mikrowelle noch ins Gefrierfach hineinwuchten können. Süßholzstangen würden die Käfer unter Garantie vertreiben, auch so ein Rezept, das ins Leere führte: Die alte Heilpflanze soll ja bei Katarrhen der oberen Luftwege und entzündlichen Erkrankungen im Magen- und Darmbereich helfen. Offensichtlich wirkt das aber auch bei unseren Holzwürmern.
Verzweifelt sind wir dann durch Straßen und Parks der Pasinger Kolonie gezogen, auf der Suche nach Eicheln, deren unwiderstehlicher Duft die Schädlinge anlocken soll. Wir haben die Baumfrüchte gefunden, getrocknet und wie Käfer-Delikatessen im Schrank feilgeboten. Bislang war noch kein einziges Bohrloch in den Eicheln zu finden.
Deshalb nun also der Einsatz akustischer Mittel, Tipp eines musikalischen Bekannten. Regelmäßig mehrmals täglich wie ein Martin Grubinger mit dem Gummihammer mindestens fünf Minuten auf die Regale einzudreschen, war uns irgendwie zu doof. Dann schon lieber die Schrankkonzerte. Sollten Motörhead oder Khatchaturian nicht wirken, auf Youtube gibt's da dieses Modern-Jazz-Stück des großartigen Horst Jankowski Quartetts, Titel "Der Holzwurm".