Mitten in Nymphenburg:Untergrundturm am Romanplatz

Lesezeit: 1 min

Ein kleiner Verschreiber auf einem Schild löst manchmal großes Rätselraten aus

Kolumne von Sonja Niesmann

Es war lange platzprägend, das alte Tramhäuschen am Romanplatz, heruntergekommen zwar, aber irgendwie charmant. Im Sommer 2019 ist es im Zuge der großen Umgestaltung abgebrochen worden, wird ersetzt durch ein baumbestandenes Rondell. Bis sich das ins innere Auge einpflanzt, wird's wohl eine Weile brauchen. Absolut platzprägend ist jetzt etwas anderes: die große Haltestellen-Mittelinsel für die Trambahnen mit ihren - wie die Planer sagen - Stelen, die das Dach über den Wartebereichen tragen. Der Volksmund nennt sie "Galgen". Das Dach an den Trambahnsteigen übrigens wölbt sich nur über einen Teil des Bereichs, wohl aus ästhetischen Gründen; die anderen Wartenden stehen buchstäblich im Regen. Form follows function, lautet ein Designern vertrauter Satz, also die Form ordnet sich dem Zweck unter. Hier ist es umgekehrt.

SZ-Leser K. aus Nymphenburg hat dieser Tage einen geheimnisvollen Hinweis entdeckt auf noch etwas Neues am Platz: U-Turm steht in großen Lettern auf einem großen Schild. "U", das weiß der U-Bahn fahrende Münchner, steht für Untergrund. Was aber "hat es mit dem Untergrundturm am Romanplatz auf sich?", fragt Herr K. um Aufklärung heischend. Kühne Vermutung: Sind da etwa statt der in München so umstrittenen Hochhäuser von der Öffentlichkeit unbemerkt Tieftürme verbuddelt worden? Oder sind in diesem Untergrundturm all jene eingekerkert, die während der monatelangen Bauarbeiten und Staus über die Verkehrsführung moserten und überhaupt bis ins letzte technische Detail alles besser wussten als die planenden und ausführenden Fachleute?

Nein, es ist viel einfacher, das hat sicher auch Leser K. längst enträtselt. Da ist nur ein Strichlein zu viel. U-Turn (sprich: Ju-Törn) ist gemeint, also eine - durch Restbauarbeiten bedingte - Kehrtwende-Möglichkeit für Autofahrer. Vielleicht hatte der Schildermaler schlicht ein Problem mit Anglizismen. Ist ja auch manchmal schwierig. Das war schon zu erleben mit einem Kioskbetreiber an einem See in Mecklenburg, der auf die Bestellung eines Kaffees zum Mitnehmen auf seine Tafel zeigte und erwiderte: "Hab' nur Kaffee Togo."

© SZ vom 01.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: