Martinsried:Zweimal zufrieden

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Tiefenentspannter Wahlkampf: Gerhard Kißlinger (Freie Wähler). (Foto: Stefan Rumpf)

Florian Hahn erhält Direktmandat, Gerhard Kißlinger Vertrauen

Von Annette Jäger, Martinsried

Das zufällige Treffen von Gerhard Kißlinger (Freie Wähler) und Florian Hahn (CSU) in der Gräfelfinger Bahnhofstraße am Samstagvormittag war symbolisch für die unterschiedlichen Gefühlslagen, in denen sich die Direktkandidaten im Landkreis am Wahlwochenende befanden: Gerhard Kißlinger aus Martinsried hatte ein freies Wochenende und war auf dem Fahrrad zusammen mit seinem Sohn Luis unterwegs zum Tennisspielen. Florian Hahn, mit Toni Hofreiter (Grüne) um den Sieg des Direktmandats im Landkreis ringend, machte auf der Bahnhofstraße noch aktiv Wahlkampf. Der eine tiefenentspannt, weil er als Außenseiter-Kandidat sowieso nicht gewinnen würde, der andere kämpferisch, weil es auf einen Wahlsieg keine Garantie gibt.

Gewonnen haben beide: Florian Hahn erneut das Direktmandat, dann doch mit klarem Vorsprung, und Gerhard Kißlinger hat seine persönlich gesetzte Hürde genommen: "Alles was besser ist als 2017, ist ein Erfolg", hatte er noch am Sonntagvormittag gesagt, als er mit Frau und Sohn Luis auf dem Fahrrad zur Stimmabgabe in die Martinsrieder Grundschule geradelt war, um dem Sohn in der Wahlkabine zu zeigen, wie Demokratie funktioniert. Die Hürde hat er genommen mit 3,9 Prozent Erststimmen im Vergleich zu 3,4 Prozent vor vier Jahren.

Mit Kißlinger waren rund 23 200 Wahlberechtigte in Gräfelfing, Planegg und Neuried aufgerufen, zur Bundestagswahl zu gehen. Mehr als die Hälfte - rund 13 300 - hatte sich zuvor für Briefwahl entschieden, deutlich mehr als bei der vergangenen Bundestagswahl. Überrascht zeigten sich die Organisatoren der Wahlen in den Gemeindeverwaltungen dann aber über die "unglaublich starke" Wahlbeteiligung in den Wahllokalen, sagte Petra Hierl-Schmitz von der Gräfelfinger Verwaltung. Auch in Planegg kamen deutlich mehr Wähler als gedacht zur Urne.

Um das Wahlergebnis vor allem des Planegger SPD-Direktkandidaten Korbinian Rüger gemeinsam zu verfolgen, war der SPD-Ortsverband in der Gaststätte Insieme zusammengekommen. Zuletzt hatten Wahlprognosen dem stellvertretenden Ortsvorsitzenden der Planegger SPD ein potenziell gutes Stimmergebnis vorausgesagt. Doch echte Chancen, "im traditionell schwarzen Landkreis" Florian Hahn das Direktmandat abzuluchsen, glaubte dann doch keiner so wirklich, "dazu bin ich zu sehr Realist", meinte Heinrich Hofmann, Ex-Bürgermeister von Planegg. Zu Toni Hofreiter fehlten am Schluss nur fünf Prozentpunkte, "darauf lässt sich aufbauen", sagte SPD-Gemeinderat Felix Kempf.

Realistisch fühlte sich auch die Gräfelfinger CSU mit ihrer Einschätzung: "Das Ergebnis war zu erwarten", kommentierte Bernd Ulshöfer, Vorsitzender des Ortsverbands, den Sieg von Florian Hahn. Für Bürgermeister Peter Köstler (CSU) zeigte sich mit dem Wahlergebnis auch, dass sich ein engagierter Wahlkampf auszahlt. Hahn sei im Wahlkampf in Gräfelfing sehr präsent gewesen, damit erklärte sich Köstler das überdurchschnittlich gute Ergebnis von über 40 Prozent Erststimmen in Gräfelfing. In die Reihe der Realisten im Würmtaler Politbetrieb lässt sich auch Gerhard Kißlinger einreihen. Der 51-Jährige ist erst seit eineinhalb Jahren politisch aktiv. Als Neuling hat er - ganz Realist - das Thema Wahlkampf schon Mitte vergangener Woche abgehakt und sich der Organisation der Geburtstagsfeier seines Sohnes gewidmet. Mit seinem Ergebnis ist er mehr als zufrieden, "das ist super". Für seine erste Wahl sei das ein großer Vertrauensbeweis der Wähler. Ob er sich kommunalpolitisch weiter engagiert? Darüber denkt er erst nach der Wahl nach.

© SZ vom 27.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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