Forschung:Magersucht, Bulimie, Binge-Eating

Lesezeit: 2 min

Welche Formen es von krankhaften Essstörungen gibt und wie man sie unterscheidet.

Von Manuel Kronenberg

Erkrankt eine Person an einer Essstörung, versucht sie meist, ihre Ernährung extrem zu kontrollieren - und verliert dabei oft die Kontrolle. Das wirkt sich nicht nur auf das Essverhalten aus, sondern auf die gesamte Lebensqualität. Im schlimmsten Fall kann eine Essstörung zum Tod führen. Von allen psychischen Erkrankungen hat die Magersucht die höchste Sterblichkeitsrate. Laut den Zahlen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) liegt die Rate der Betroffenen in Deutschland zwischen drei bis fünf Prozent. Unter Kindern und Jugendlichen zwischen elf und 17 Jahren zeigt ungefähr jeder Fünfte Symptome einer Essstörung. Betroffene verstecken ihre Störung oft, weil sie sich für ihre Krankheit schämen.

Fachleute und Mediziner unterscheiden drei Hauptformen von Essstörungen: Magersucht, Bulimie und Binge-Eating. Diese Formen können allerdings auch gleichzeitig oder abwechselnd auftreten, Mischformen sind sogar häufiger als das alleinige Auftreten einer einzelnen Störung.

Therapie von Bulimie
:Weg von der normierten Schönheit, weg von der Essstörung

"Es geht nur vordergründig ums Essen", sagt Professorin Eva Wunderer. Die Gründe für eine Bulimie liegen tiefer, auch Instagram oder Sendungen wie Germany's Next Topmodel spielen eine Rolle.

Interview von Manuel Kronenberg

Magersucht (Anorexia nervosa) wird diagnostiziert, wenn jemand bedenkliches Untergewicht hat und sich davor fürchtet, zuzunehmen. Weitere medizinische Kriterien sind eine verzerrte Körperwahrnehmung, das extreme Streben zur Gewichtsabnahme sowie das Ausbleiben der Menstruation bei Frauen oder Potenzverlust bei Männern. Betroffene beschäftigen sich im Alltag ständig mit dem Thema Essen, zählen Kalorien, können nicht mit anderen gemeinsam essen und verlieren das Gefühl für ihre Körpersignale. Die Erkrankung tritt hauptsächlich im Jugendalter auf. Frauen sind deutlich häufiger betroffen: Auf einen magersüchtigen Mann entfallen drei bis sechs magersüchtige Frauen. 0,3 bis 0,6 Prozent der Frauen zwischen zwölf und 35 Jahren sind betroffen.

Typisch für eine Bulimie (Bulimia nervosa) sind Essattacken, nach denen sich die Betroffenen übergeben, um nicht zuzunehmen. Häufig tritt diese Störung im Zusammenhang mit Magersucht auf. Im Alter zwischen zwölf und 35 Jahren sind auch hier mit 0,5 bis 1,2 Prozent mehr Frauen betroffen als Männer, bei denen der Wert zwischen 0,1 und 0,3 Prozent liegt.

Betroffene einer Binge-Eating-Störung leiden ebenfalls an Essanfällen, erbrechen aber anschließend nicht zur Gewichtsreduzierung. Sie sind deshalb häufig übergewichtig. Nach den Essanfällen verspüren sie Ekel und Schamgefühle. Binge-Eating tritt häufiger auf als Magersucht oder Bulimie: Etwa 1,4 bis 1,6 Prozent der Frauen in Deutschland leiden darunter und 0,4 bis 0,8 Prozent der Männer.

Bei allen Essstörungen treten häufig noch Begleiterkrankungen auf, zum Beispiel Depressionen oder Persönlichkeitsstörungen. Neben den drei Hauptformen gibt es zudem weitere Krankheitsbilder, etwa das seltene Pica-Syndrom: Statt Lebensmitteln nehmen Betroffene Dinge wie Sand, Papier, Haare oder sogar Exkremente zu sich.

Allen diesen Störungen gemeinsam ist, dass das Thema Essen ständig die Gedanken der Betroffenen bestimmt. Den Auslöser zu benennen, ist meist schwierig, da es sich bei Essstörungen um komplexe Erkrankungen handelt, die nicht auf eine einzelne Ursache zurückgeführt werden können. Erklärungsansätze unterscheiden zwischen prädisponierten Faktoren - wenn jemand von vornherein anfällig ist -, auslösenden und aufrechterhaltenden Faktoren. Die Prädisposition wiederum wird von biologischen, soziokulturellen, familiären und individuelle Faktoren beeinflusst. Auslöser der Krankheit können dann persönliche Krisen oder Stress sein.

Weitere Informationen finden sich auf der Internetseite des Bundesfachverbands für Essstörungen : www.bundesfachverbandessstoerungen.de

© SZ vom 25.02.2019 / - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusEssstörungen
:Ende der Esssucht

Schlingen, erbrechen, schämen: Jahrelang beherrscht die Bulimie Eva Apfls Leben. Bis sie sich endlich Hilfe sucht und einen Ausweg findet.

Von Manuel Kronenberg

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: