Ludwigsvorstadt:Signal und Prellbock

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Bei einer Informationsveranstaltung im Verkehrszentrum des Deutschen Museums werden die Pläne für den Umbau des Hauptbahnhofes diskutiert - und die Bedenken der Nachbarschaft deutlich

Von Alfred Dürr, Ludwigsvorstadt

Ein Monster aus Stahl und Glas, das die althergebrachten Dimensionen der Innenstadt sprengt, oder ein Bauvorhaben, das mit seinen neuen Vorplätzen auch eine große Chance für Reisende und vor allem auch die Bewohner in den Cityquartieren bietet? Darüber gibt es vielfältige Ansichten, aber noch kein eindeutiges Stimmungsbild unter den Bürgern. Eines jedoch ist klar: Der Hauptbahnhof der Zukunft, eines der größten Projekte seiner Art in Europa, rückt näher. Derzeit leitet die Bahn die Plan- und Genehmigungsverfahren für ein modernes Empfangsgebäude sowie für einen 19-geschossigen Komplex am Starnberger Flügelbahnhof in die Wege.

Bei einer Informations- und Diskussionsveranstaltung im überfüllten Auditorium des Verkehrszentrums des Deutschen Museums legte Oliver Hasenkamp, der Leiter Projektentwicklung bei der Bahn, den Akzent auf die städtebaulichen und wirtschaftlichen Chancen, die sich durch den neuen Bahnhof für seine Umgebung ergäben. Jeden Tag halten sich rund 350 000 Reisende und Besucher in einem Bauwerk auf, das längst in die Jahre gekommen ist. Nun sollen bessere Wegeführungen, attraktivere Geschäfte, Gastronomiebetriebe und Büros sowie ruhigere Plätze im Umfeld entstehen.

Ausdrücklich verteidigte Hasenkamp das künftige Hochhaus am Starnberger Flügelbahnhof. Dies war vor allem bei Denkmalschützern in die Kritik geraten, da es sich nicht mit dem Erscheinungsbild der traditionellen Stadtsilhouette vertrage. Das hoch aufragende Gebäude sei ein weithin sichtbares Erkennungsmerkmal für den neuen Bahnhof, sagte der Bahnmanager. Moritz Auer von Auer Weber Architekten, die für den Umbauentwurf zuständig sind, betonte ebenfalls die Bedeutung des Turms: Er sei ein Signet und Markenzeichen für das gesamte Bahnhofsprojekt. Die extreme Enge im heutigen Empfangsgebäude werde verschwinden, dafür schaffe man mit einer großzügig gestalteten Halle deutlich mehr Luft.

Niemand hält sich heute gerne auf den Vorplätzen am Bahnhof auf, sagte Verkehrsexpertin Petra Wurdack aus dem städtischen Planungsreferat. Die Planer gehen im Zusammenhang mit dem Großprojekt von weitgehend autofreien Zonen im Umfeld aus. Aktuell untersucht wird, wie man eine Verbindung zwischen dem Hauptbahnhof und dem Zentralen Omnibusbahnhof schaffen kann; künftig soll es mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer geben. Man habe neue Verkehrsführungen geprüft, die umliegenden Viertel würden nicht durch mehr Autos belastet. Im Gegenteil: "Es gibt großräumige Verlagerungen, und das führt sogar zu Verbesserungen in den Quartieren."

Bürger und vor allem Nachbarn sehen die schöne neue Bahnhofswelt mit gemischten Gefühlen. Schön sei es schon, dass eine Piazza vor dem Haupteingang geplant sei, sagte ein Redner, "aber wie funktioniert dann das Nebeneinander von Fußgängern, Radfahrern und Straßenbahnen?". Wie sehe die Struktur der neuen Geschäfte im Bahnhof aus, wollte ein anderer wissen. Hier dürfe doch kein ausschließlich an Geschäften orientierter Einkaufsbahnhof entstehen, antwortete Fritz Wickenhäuser vom Verein Südliches Bahnhofsviertel. Die Läden müssten in die Struktur des Viertels passen.

Auch Beate Bidjanbeg (SPD) vom Bezirksausschuss Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt warnte davor, nur an den Konsum zu denken. Man brauche Räume zum Ausruhen, Platz für Fußgänger und Radfahrer. Zum Beispiel müssten die Bahnhofsmission und das Kindermuseum wieder in dem neuen Komplex untergebracht werden. Sorgen macht auch die Bauzeit, die sich über mehrere Jahre hinziehen wird. Die Baustellen müssten so organisiert werden, dass möglichst wenige Belastungen auf die Anwohner zukämen.

Aber was kommt wann und wie auf die Bürger in den umliegenden Vierteln zu? In Abhängigkeit zu den Arbeiten für die zweite S-Bahn-Stammstrecke wird nach dem aktuellen Stand frühestens 2020 mit den Maßnahmen am Hauptbahnhof begonnen, sagte Michael Baufeld, der Sprecher bei der Bahn für den Münchner Bereich. Sechs Jahre dauert es wohl, bis das Empfangsgebäude dann fertig ist, drei Jahre beim Starnberger Flügelbahnhof. Baufeld zeigte sich zuversichtlich, dass es noch in diesem Jahr einen Durchbruch bei den Verhandlungen zur zweiten Stammstrecke geben wird.

Alle Teilnehmer des Podiums sicherten zu, dass man auch weiterhin auf die Meinungen und Sorgen der Bürger hören will und deren Anregungen aufnehmen wird. "Wir haben eine gute Gesprächskultur", stellte Torsten Brune vom städtischen Planungsreferat fest, die Bürgerbeteiligung sei für die Behörde ein hohes Gut.

© SZ vom 30.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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