Es ist ein riskantes Unterfangen, mehrere sensible Themen in einem Buch unterzubringen. Vor allem, wenn es ein Krimi auf kaum mehr als 200 Seiten ist. Dass es aber doch geht und dabei sogar hochaktuell, zeigen Stephanie Gregg und Paul Schenke in "In München wartet der Tod". Darin werden Hauptkommissar Fricke und die Staatsanwältin Elena Karinoglous, die eigentlich in Kiel ermitteln, zu einer Leiche gerufen - die liegt im Münchner Forst, ohne Leber und Niere.
Dass es hier um illegalen Organhandel geht, ist schnell klar. Dass die Fäden aber ein albanischer Mafiaclan zieht, der junge Frauen nach Deutschland verschleppt, offenbart sich erst bei Nachforschungen in einer Flüchtlingsunterkunft. Gleichzeitig gilt es, weitere Morde zu verhindern, denn auch ein Rächer spürt dem Netzwerk aus Organhändlern und Ärzten nach. Der Leser ist indes schon informiert, denn die Geschichte wird krimiüblich aus verschiedenen Perspektiven erzählt - darunter auch aus der eines Opfers. Damit wird der Plot noch spannender, als der Stoff ohnehin ist.
"In München wartet der Tod" ist der dritte Teil der Krimireihe um Kommissar Fricke, funktioniert aber auch als selbständiger Roman. Simpel geschrieben, liest sich das Stück flüssig. Trotzdem gelingt es den Autoren, nicht nur einen stringenten Kriminalfall, sondern auch - und das ist die eigentliche Stärke des Buches - ein realistisches Bild einer Flucht zu zeichnen: von der Überfahrt in einem Schlepperboot, vom Alltag in einer Flüchtlingsunterkunft und dem Kulturschock, den eine junge Albanerin erlebt. Schmunzeln lassen die Dialoge des Ermittler-Duos: er ein abgehalfterter Junggeselle, sie eine geradlinige Karrierefrau, beide irgendwo im Kontinuum zwischen Affäre und Beziehung. Sensible Themen, mit Humor verwebt, und das hohe Erzähltempo machen den Krimi zur lesenswerten Lektüre über Menschenhandel, Flucht, Liebe - und die Gleichberechtigung.
Stefanie Gregg/Paul Schenke: In München wartet der Tod , Gmeiner Verlag 2020, 251 Seiten, 12 Euro