Literatur:Die Sprache der Liebe

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SAID war eine prägende Stimme der Einwandererliteratur, vor einer Woche ist er gestorben. Beim letzten Spaziergang mit dem Dichter durch den Nymphenburger Schlosspark fließen Tränen der Rührung

Von Thomas Girst

Keine vier Wochen vor seinem Tod sitzt SAID auf einer Bank im Nymphenburger Schlosspark. Der Blick geht aufs Wasser, auf den Badenburger See. Er spricht von der Liebe und wie sie vergeht. Wie lange es her ist, dass er liebte. Es ging ihm nicht so gut, die Tage zuvor, "die Nähe fehlt und die Berührung", und "die Untersuchungen laufen", wie er schrieb, sie machten ihn mürbe. Seine Schmerzen in der linken Brust, seine Gespräche mit Ärzten, wie er stundenlang auf Krankenbetten in den Gängen der Kliniken warten muss, nur um wieder entlassen zu werden. Sein Arzt, dem er vertraut und niemand, der etwas findet. Er steht auf. Es ist recht kühl und bewölkt, doch kein Regentropfen stört den Spaziergang. In einen dicken Trenchcoat ist er gehüllt, Büchlein zur Lektüre in der Tasche, einen Notizblock, Zigaretten, kein Mobiltelefon, so etwas will er nicht besitzen. Auf dem Kopf trägt er eine dunkle Wollmütze, darunter seine funkelnd braunen Augen, sein dichter grauer Bart. An der großen Kaskade ganz im Westen am Ende des Schlosskanals, geht es weiter Richtung Pagodenburg.

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