Lehel:Weltgeschichte trifft Lokalpolitik

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Streitthema: Die Bäume vor dem Haus der Kunst sollen weg. (Foto: Imago)

Der Bezirksausschuss will bei den architektonischen Entscheidungen über das Haus der Kunst einbezogen werden.

Von Alfred Dürr, Lehel

Heftige Kontroversen haben die Pläne des britischen Architekten David Chipperfield ausgelöst, das sanierungsbedürftige "Haus der Kunst" an der Prinzregentenstraße wieder in den Originalzustand des Eröffnungsjahres 1937 zurückzuführen. Der Bezirksausschuss Altstadt- Lehel (BA) müsse bei den Entscheidungen zur Zukunft des Museums gehört werden, forderte Wolfgang Püschel (SPD) in der jüngsten Vollversammlung des Gremiums. Zuständig für das Sanierungskonzept und dessen Genehmigung ist zwar der Freistaat Bayern, aber: Auch der Verantwortungsbereich der Stadt ist berührt.

Chipperfield beabsichtigt zum Beispiel, die Baumreihe vor der Säulenfassade entlang der Prinzregentenstraße fällen zu lassen, um die Sichtbarkeit des Gebäudes zu erhöhen. Wolfgang Püschel stellt sich die Frage, wie der gesamte Straßenraum am Haus der Kunst und an der Einfahrt zum Altstadtringtunnel neu organisiert werden kann. Nach Ansicht des Lokalpolitikers muss der BA Einfluss auf die Gestaltung nehmen.

"Wir wollen uns wortstark einmischen", unterstrich Norbert Weigler (Grüne); für ihn kommt es nicht in Frage, dass die Baumreihe verschwindet. Ein weiterer Konfliktpunkt ist die mögliche Gestaltung des rückwärtigen Freibereiches um das Haus der Kunst hin zum Englischen Garten; dort finden sich derzeit ein Auto-Parkplatz und ein Wirtschaftshof. Diese Flächen könnte man auch für museale Zwecke nutzen. In der Diskussion sind zudem neue Sichtachsen, die man in den Park schneiden will, um das Haus der Kunst auch vom Englischen Garten aus besser zur Geltung zu bringen.

Generell üben Weigler und Püschel Kritik am Sanierungskonzept Chipperfields. Püschel bezog sich auf Äußerungen des Architekturhistorikers und Gründungsdirektors des NS-Dokumentationszentrums, Winfried Nerdinger. Dieser hatte in einem Vortrag den Vorwurf erhoben, dass sich das Sanierungskonzept nicht mit der besonderen Vergangenheit des Hauses der Kunst auseinandersetzt. Statt zu zeigen, dass dieses Gebäude im funktionalen Zusammenhang mit einer Ideologie stehe, die zum Holocaust geführt habe, wolle man das Bauwerk lediglich als "schönen Kunsttempel" inszenieren.

Der Vorsitzende des Bezirksausschusses, Wolfgang Neumer (CSU), machte deutlich, dass sich die Lokalpolitiker zunächst umfassend über die verschiedenen Meinungen zum Sanierungskonzept informieren müssen: "Dazu gehört auch, dass Herr Chipperfield und andere Akteure in den BA kommen und die Pläne vorstellen." Dass diese Forderung realistisch ist, wurde allerdings bezweifelt.

© SZ vom 22.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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