Zeckenbisse:Kleine Milbe, großes Problem

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Zecken sind mittlerweile das ganze Jahr über aktiv. Nach den jüngsten FSME-Fällen im Perlacher Forst gelten inzwischen auch die stadtnahen Wälder als Risikogebiet. Fachleute raten zu Schutzkleidung und Impfung.

Von Jürgen Wolfram und Iris Hilberth, Grünwald

Sie sind winzig wie Streichholzköpfe, doch das Probleme mit ihnen wird immer größer. Seit sich kürzlich drei Menschen im Perlacher Forst durch Zeckenbisse mit einer Meningoenzephalitis (FSME) infiziert haben, rücken die gefährlichen Milben stärker in den Blickpunkt von Gesundheitsbehörden und Forstbetrieben. Galten die Wälder um München bisher eher nicht als Risikogebiete, so ist das nun anders. Das Münchner Gesundheitsreferat rät deshalb zur Schutzimpfung. Auf der Hut sind jene, die von Berufs wegen mit Wiesen und Wäldern zu tun haben.

Die Försterin Sigrid Hagen, Leiterin des Walderlebniszentrums Grünwald (Sauschütt), weist regelmäßig darauf hin, dass sich Besucher des Zentrums mit langen Hosen und festen Schuhen bekleiden sollten. Denn vor allem in hohem Gras lauerten die Zecken; auf nackten Beinen sei der Weg in die Kniekehle oder in die Leistengegend, wo sie sich besonders gern festsaugen, dann nicht weit. Hagen empfiehlt helle Hosen, weil man die Parasiten darauf besonders gut sieht. In jedem Fall sollte man nach einem Ausflug ins Grüne selbst nachsehen, ob der Körper frei ist von Zecken.

Sie selbst und ihre Mitarbeiter besprühen ihre Hosen sogar mit einem Insektenschutzmittel. Und sie lassen sich von Fachleuten beraten, wie sie sich und ihre Gäste am besten schützen können. "Wir hatten zum Glück noch keinen Fall von FSME", berichtet die Försterin. Wobei die andere Spielart der Infizierung, diejenige mit Borreliose, noch viel schlimmer sei. "Kommt wesentlich häufiger vor, ist extrem heimtückisch und es gibt kein wirksames Mittel dagegen", warnt Sigrid Hagen. Der Perlacher Forst, in dem jüngst die Fälle von FSME aufgetreten sind, gehört zu den Revieren des Forstbetriebs München der Bayerischen Staatsforsten. Dessen Chef Wilhelm Seerieder rät von Panik ab, mahnt jedoch zur Vorsicht. "Sich impfen lassen wäre ratsam", sagt Seerieder.

Wer sich schützen will, kann von den Forstleuten einiges lernen. Diese reiben sich mit Zeckenschutzmittel ein, viele von ihnen lassen sich impfen, tragen stets feste Kleidung. Borreliose gilt bei Waldarbeitern und Förstern als anerkannte Berufskrankheit, wird für Nachweise entsprechend minutiös dokumentiert. Zecken im Wald seien zwar kein neues Thema, aber festzustellen sei, dass die lästigen Kleintiere neuerdings fast ganzjährig auftreten. "Gut möglich, dass dies etwas mit dem Klimawandel zu tun hat", sagt Seerieder. Ein anderes Phänomen sei, wie wählerisch Zecken bei der Auswahl ihrer Opfer vorgehen: "Manchen Menschen haben häufig Probleme damit, andere nie."

FSME tritt auch im Herbst auf

Das Robert-Koch-Institut weist darauf hin, dass es keinen Hinweis gebe, dass die Zecken bestimmte Menschen bevorzugten. Denn während Forscher herausgefunden hätten, dass Menschen mit einem hohen Anteil an Milchsäure auf ihrer Haut besonders attraktiv für Gelbfiebermücken seien, sei so etwas für heimische Zeckenarten nicht bekannt. Das RKI misst vielmehr dem menschliche Verhalten eine weitaus größere Bedeutung dafür zu, ob jemand häufig von Zecken gestochen wird oder nicht. In der Regel sei es nicht die Zecke, die auf den Menschen zulaufe, sondern der Mensch, der sich die Zecken von der Vegetation abstreife.

Eine sogenannte Frühsommer-Meningoenzephalitis macht sich auf höchst unangenehme Weise bemerkbar. Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen können gleichermaßen auf eine Infizierung mit dem FSME-Virus hindeuten. Das städtische Gesundheitsreferat beobachtet die Münchner Wälder genau, seit 2017 im Perlacher Forst ein infizierter Parasit gefunden worden war, damals noch ohne Befall eines Menschen. Seither steige die Zahl der Zecken mit FSME. Verlässlich verhindern lasse sich eine Erkrankung durch eine Impfung. Vor allem Kinder und ältere Menschen sollten davon Gebrauch machen.

Laut Robert-Koch-Institut sind Zecken mehrjährige Tiere. Aktiv sind sie ab einer Temperatur von etwa acht Grad. FSME trete in Abhängigkeit von der Aktivität der virustragenden Zecken zwar bevorzugt im Frühjahr und Sommer auf, häufig jedoch auch im Herbst. Bei warmer Witterung können Infektionen vereinzelt auch im Winter auftreten. Das saisonale Vorkommen von Borreliose bezeichnet das Institut als vergleichbar.

Landkreis München ist seit 2018 Risikogebiet

Die Zahl der Risikogebiete ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Im Februar hat das Robert-Koch-Institut weitere Kreise ausgewiesen, in Bayern sind Garmisch-Partenkirchen, Landberg am Lech und Kaufbeuren dazugekommen. Der Landkreis München zählt bereits seit 2018 zu den Risikogebieten. Vor allem der Freistaat und Baden Württemberg sowie die südlichen Teile Sachsens und Thüringens sind mittlerweile fast vollständig betroffen. Weiße Flecken gibt es in Bayern bislang nur noch in Augsburg, Dillingen, Fürstenfeldbruck, Schweinfurt und in der Stadt München.

Das Landratsamt München weist allerdings darauf hin, dass die Ausweisung als Risikogebiet nicht unbedingt bedeuten muss, dass es hier tatsächlich Fälle von Infektionen durch Zeckenstiche gegeben hat. Dies berechne sich immer aus Werten, bei denen die Nachbarlandkreise mit berücksichtigt werden. Im Landkreis München wurden 2017/18 ein Fall und 2018/19 zwei Fälle registriert. "Allerdings weiß man ja nicht, ob ein Betroffener tatsächlich im Landkreis gebissen wurde oder etwa die Zecke aus dem Urlaub mitgebracht hat", sagt Christina Walzner, Sprecherin des Landratsamt.

Ansprechpartnerin im Landratamt ist Susanne Pechel. Sie ist telefonisch unter 089/6221-1166 oder per Mail unter PechelS@lra-m.bayern.de erreichbar.

© SZ vom 09.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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