Wohnraum:München geht der Platz aus

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Es wird eng in der Stadt: Experten schätzen, dass nur noch 50.000 Wohnungen gebaut werden können. Das Problem wird sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen.

Michael Tibudd und Wolfgang Eitler

Es ist eines der größten Probleme im Großraum München, aber noch zieren sich viele Verantwortliche, gemeinsam nach Lösungen zu suchen: Der immense Siedlungsdruck in und um München macht das Wohnen immer teurer. Aus Sicht des Regionalen Planungsverbandes werden sich die Städte und Gemeinden in der Region damit abfinden müssen, dass noch mehr Menschen als bisher aus der Landeshauptstadt ins Umland ziehen. Deshalb müssten alle Kommunen besser zusammenarbeiten, so das Fazit einer kürzlich vorgestellten Studie des Münchner Mietervereins sowie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) - ein Gedanke, mit dem sich aber nur wenige Bürgermeister anfreunden wollen.

Die Wohnraum wird knapp, die Preise steigen: Klicken Sie auf das Bild, um die Grafik zuvergrößern. (Foto: N/A)

Experten schätzen, dass in München nur noch etwa 50.000 neue Wohnungen entstehen können; in 15 bis 20 Jahren ist dieses Potential erschöpft. "München braucht Entlastung", heißt es daher in der Studie. Im Umland müssten "konsequent Entlastungsstädte ausgebaut werden" - nicht wie die Trabantenstädte der 1960-er und 1970-er Jahre, "sondern als selbständige, multifunktionale und vielfältig strukturierte Städte".

Als Standort für eine Entlastungsstadt zu dienen, ist allerdings keine Aussicht, für die sich Umlandpolitiker begeistern wollen. "Es kann auf keinen Fall die kommunale Planungshoheit in Frage gestellt werden", sagt Unterschleißheims Bürgermeister Rolf Zeitler (CSU) - ein Argument, das so oder ähnlich viele Rathauschefs ins Feld führen. Von ihnen will sich keiner vorschreiben lassen, wo ein neues Wohngebiet ausgewiesen werden soll. Bislang kann kein übergeordnetes Gremium verbindliche Konzepte erarbeiten; es gibt lediglich Gesprächsrunden, in denen unverbindlich Ideen gesammelt werden, wie die Arbeitsgruppe Moro, in der sich Kommunen des Großraums überlegen, wie der übermäßige Flächenverbrauch zu stoppen ist.

Mancherorts zumindest deutet sich ein Umdenken an. In Dachau etwa berichtete Landrat Hansjörg Christmann (CSU) kürzlich, auf einem Treffen der Landkreis-Bürgermeister mit Vertretern des Planungsverbands sei klar geworden, dass München in zehn bis 15 Jahren nicht mehr wachsen könne. Diese Herausforderung sei nur zu lösen, wenn die Kommunen künftig in der Wohn- und Gewerbepolitik eng zusammenarbeiteten.

Allerdings hat erst Ende 2010 ein Ratsbegehren in Karlsfeld, das an München grenzt, das Konfliktpotential offengelegt. CSU und SPD wollten dort ein weiteres Gewerbegebiet durchsetzen. Die Bürger stimmten in der Mehrheit dagegen - sie sehen ihre Gemeinde an der Grenze des Wachstums angelangt.

In München planen Mieterverein und DGB nun, das Wohnraumproblem zum Thema einer Kampagne zu machen, die sich das ganze Jahr über hinziehen soll. Geplant sind unter anderem diverse Experten-Diskussionen. Den Auftakt macht an diesem Mittwoch eine Runde über die Bedeutung von Wohnungsbaugenossenschaften. Zumindest die Veranstalter sehen eine Renaissance dieses Zweigs der Wohnungswirtschaft und wollen ausloten, wie weit Genossenschaften dem Problem entgegenwirken können.

© SZ vom 17.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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