Garching:Surfer hört die Sirenen

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Sirene Saphira entführt und verführt Surfer Mario, um sich seine Hilfe bei der Rettung ihrer Welt zu sichern. (Foto: Blue Art e.V.)

In seiner Inszenierung "Wellenreiter" vereint der Garchinger Kulturverein "Blue Art" Elemente von Kino und Musical auf der Bühne des Bürgerhauses. Das Stück ist ein Appell zur Rettung der Weltmeere, kommt aber ohne erhobenen Zeigefinger aus.

Von Irmengard Gnau, Garching

Dieser Moment, wenn das Wasser den Körper umschließt und es mit einem Mal ganz still wird. Nur der eigene Atem rauscht rhythmisch und leise. Das Gewicht fällt ab, man schwebt schwerelos im Wasser. "Das ist schon fast hypnotisch beruhigend", sagt Christiane Gimkiewicz. Das Erlebnis beim Tauchen hat die Garchingerin seit jeher fasziniert. Der Erhalt der Meere liegt ihr daher besonders am Herzen. In dem Verein "Blue Art" hat Gimkiewicz ihn verknüpft mit ihrer zweiten Leidenschaft: der Bühne.

2018 hat Gimkiewicz den Verein ins Leben gerufen als Verein für modernes Theater, Kunst und Kultur. Er bietet ihr und den übrigen etwa 30 Mitgliedern eine Spielwiese für ihre Ausdrucksleidenschaft. Mit dem Stück "Wellenreiter" - Musik und Text stammen aus der Feder von Christiane Gimkiewicz - stellt die Gruppe am 1., 2. und 3. Oktober auf der großen Bühne im Garchinger Bürgerhaus ihren Anspruch unter Beweis. Bei seiner Uraufführung im Oktober 2020 waren die Vorstellungen zweimal ausverkauft; dann unterbrach die Corona-Pandemie den Spielfluss. Nun bringt Blue Art die aufwendige Produktion wieder zur Aufführung. Auch die Premierenfeier soll nachgeholt werden.

"Wellenreiter" ist eine besondere Produktion. Gimkiewicz und ihr Team kombinieren die Stärken des cineastischen Erzählens und das Agieren in Echtzeit des Musical-Theaters. Sie nutzen filmische Effekte durch großflächige Projektionen, rollende Wellenberge erzeugen auf der Bühne eine lebendige Meereslandschaft. Darin agieren die Darstellerinnen und Darsteller in kunst- und fantasievollen Kostümen, stimmgewaltig und spielfreudig. "Cinecal" nennt Gimkiewicz diese ganz besondere Mischung, in die sie die Begegnung des Surfers Mario und der verführerischen Sirenen einbettet. Es geht um nichts weniger als die Rettung der Welt.

"Ich wünsche mir, dass meine Enkel auch noch in einer Welt leben, in der Blauwale schwimmen."

Die hat sich, in abgemilderter Form, auch der Verein auf die Fahne geschrieben. Sein Zweck liegt ganz bewusst auf der Förderung von moderner Kunst und Kultur "insbesondere mit Inhalten, die den Naturschutz fördern", wie es in der Satzung heißt. "Ich wünsche mir, dass meine Enkel auch noch in einer Welt leben, in der Blauwale schwimmen", sagt Gimkiewicz. Dem künstlerischen Anspruch tut das keinen Abbruch. Weder erzählt Blue Art mit erhobenem Zeigefinger noch bleiben Fantasie und Humor außen vor. Die ambitionierten Laiendarsteller ziehen die Zuschauer vielmehr hinein in eine optisch überbordende Unterwasserwelt.

"Wellenreiter" ist eine Art Lebensprojekt von Gimkiewicz. Vor Jahren schon verfasste die heute 53-Jährige die ersten Lieder dazu. Musik hat Gimkiewicz ihr Leben lang umgeben. Die Großmutter war Opernsängerin, der Großvater Kapellmeister, da lag es nahe, dass auch sie Klavier spielen lernte und sang. Dass es keine professionelle Künstlerkarriere wurde, dafür war wohl der Vater verantwortlich. Die Aussicht auf ein Künstlerleben mit all seinen Unwägbarkeiten - "Mein Vater hat mir stark davon abgeraten", sagt Gimkiewicz.

Sie studierte stattdessen Elektrotechnik, promovierte in optischer Nachrichtentechnik. Die Musik aber blieb eine wichtige Komponente in ihren Leben. Gikiewicz spielte in verschiedenen Bands, und als der Garchinger Verein Zeitkind unter dem kürzlich verstorbenen Kulturschaffenden Albert Neuhauser vor zehn Jahren Darsteller für ein Musical suchte, bewarb sie sich und erhielt eine Rolle.

Der Wunsch, ihr eigenes Projekt zu inszenieren, wuchs weiter. Da sich Zeitkind eher auf Sprechtheater konzentrieren wollte, gründete Gimkiewicz ihren eigenen Verein. Bei Blue Art fanden "Wellenreiter" und seine Darsteller schließlich zusammen. Nach intensiver Probenarbeit mit professionellen Gesangslehrern und Übungsleitern für die Tanzsequenzen stehen nun 25 Menschen auf der Bühne. Sie verkörpern die Sirenen, die Surfer, Meeresbewohner und mehr. Auch Gimkiewicz lässt es sich nicht nehmen, selbst aufzutreten. In der Rolle der Tiefseegöttin Luciana beweist sie ihr Stimmvermögen. Eine besondere Rolle kommt auch den großen Projektionsbeamern zu, die das Bühnenbild als Szenerie bunter Korallenriffe und gischtspritzender Wellen lebendig werden lassen.

Autorin und Regisseurin Christiane Gimkiewicz ist selbst als Tiefseegöttin Luciana zu sehen. (Foto: Blue Art e.V.)

Für die aufwendige Lichttechnik und einen echten Kinosound hat sich der Verein professionelle Unterstützung geholt. Kulissen und Kostüme hat die Truppe dagegen selbst gefertigt. Im Vergleich zur Uraufführung 2020 gibt es zudem einige Erweiterungen, unter anderem wurde die Leinwand im Bürgerhaus vergrößert. "Die Crew hat auch nach so langer Vorbereitungszeit so richtig Lust auf das Stück", sagt Gimkiewicz.

"Wellenreiter" ist am Samstag, 1. Oktober, und Sonntag, 2. Oktober, jeweils um 19.30 Uhr sowie am Montag, 3. Oktober, um 15 Uhr im Bürgerhaus Garching zu sehen. Tickets sind online erhältlich über https://www.muenchenticket.de/tickets

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