Am Marienhof geht es Schlag auf Schlag: Am Mittwoch erst hatte der Stadtrat Vorarbeiten zum Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke erlaubt, am Donnerstag nun machte sich ein Trupp Ingenieure daran, die Fläche zu vermessen. Am heutigen Freitag soll der Bauzaun errichtet werden.
Von kommenden Montag an wollen Archäologen den Untergrund scheibchenweise freilegen und nach Resten der mittelalterlichen Bebauung suchen - damit die Bahn dann im März 2012 mit den Bauarbeiten für den geplanten Tiefbahnhof beginnen kann und zu möglichen Olympischen Winterspielen 2018 rechtzeitig fertig wird. "Wir haben das Rennen aufgenommen", erklärt Projektleiter Albert Scheller. "Jetzt zählt jeder Tag."
Tatsächlich ist der Zeitrahmen eng, die Herausforderung sportlich. Zu sportlich, findet Martin Runge, der Fraktionschef der Grünen im Landtag: "Der Zeitplan ist nie und nimmer zu schaffen." Aus dem Bauablaufkonzept der Bahn gehe hervor, dass der Konzern schon im Februar 2011 mit dem Verpflanzen der Bäume am Marienhof beginnen wollte, erklärt Runge; im April hätten die archäologischen Arbeiten beginnen sollen.
Doch weil sich Bahn und Freistaat nicht rechtzeitig auf einen Bau- und Finanzierungsvertrag hatten einigen können (unterzeichnet wurde der Kontrakt erst vor einer Woche), verzögerte sich das Ganze. Und zwischenzeitlich trieben die Bäume aus. Nun werden sie erst Anfang Juni verpflanzt; die Archäologen sollen bis dahin auf den freien Flächen buddeln. Die Bahn sieht sich dennoch im Zeitplan: Zusammen mit den Forschern habe man "den Zeitraum der archäologischen Grabungen von neun auf sieben Monate verkürzt", so ein Sprecher. Damit wären die Wissenschaftler rechtzeitig fertig.
Runge zweifelt zudem am geplanten Probebetrieb am Ende der Bauzeit im Herbst 2017: Diesen hat die Bahn laut Bauablaufkonzept auf drei Monate veranschlagt. Auf eine Anfrage Runges hatte das bayerische Verkehrsministerium indes geantwortet, man gehe von sechs Monaten aus. "Das passt hinten und vorne nicht zusammen", sagt Runge.
Die Bahn erklärt, es gebe "eine sechsmonatige Phase von Inbetriebnahme und Probebetrieb mit Prüf- und Abnahmefahrten" und einen etwa dreimonatigen "fahrplanähnlichen Probebetrieb". Im Münchner Stadtrat hatten Vertreter aller Fraktionen einen detaillierten Zeitplan von der Bahn gefordert - den werden sich die Stadtpolitiker, vor allem die Gegner des Großprojekts, ganz genau anschauen.
Unterdessen beschäftigt sich die Justiz mit den Marienhof-Arbeiten: Betten Rid hat den Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) angerufen, um besseren Lärmschutz zu erreichen. Bis Montag, 24 Uhr, kann nun das Eisenbahnbundesamt, das die Arbeiten genehmigt hatte, eine Stellungnahme einreichen. Danach wolle man "zeitnah entscheiden", heißt es am VGH. Eine mündliche Verhandlung sei in der Regel nicht üblich.