Verkehrskonzept:Knüpfen am Radnetz

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Die positiven Effekte von Sport überwiegen: Radfahrer profitieren von der Bewegung - auch in unmittelbarer Nähe zu den Autoabgasen. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Die Stadt will die Radl-Routen aus dem Landkreis München bei Pullach in die Innenstadt weiter ausbauen. Vor allem die Wolfratshauser Straße soll um eine Velospur erweitert werden - doch das könnte an Grundstücksverhandlungen scheitern.

Von Jürgen Wolfram, Pullach

Radlers Freud' und Radlers Leid liegen im Münchner Süden dicht beieinander. Hier die Paradepiste auf der Trasse der ehemaligen Isartalbahn zwischen der Stadtgrenze auf der Prinz-Ludwigs-Höhe und der Tierparkstraße in Thalkirchen. Oder die zahlreichen, 2017 frisch asphaltierten Radnetz-Teilstücke, wie entlang der Aidenbach- und Plattlinger Straße. Doch an anderen Stellen läuft der Verkehr aus Biker-Sicht unverändert überhaupt nicht rund. In gewissen Abschnitten der stark frequentierten Forstenrieder Allee oder der Herterichstraße etwa ist Fahrradfahren gefährlich wie eh und je. Eine Art Überlebenstraining, wie es sich nur für Sattelfeste empfiehlt.

Zwischen Josefinenstraße und Siemensallee soll die problematischste Lücke geschlossen werden

Velospuren durchgängig und beidseitig - von diesem Ideal eines zeitgemäß fahrradfreundlichen Straßenausbaus ist München hier wie anderswo noch weit entfernt. Wenigstens soll jetzt eines der Hauptsorgenkinder, die Verkehrsachse von der südlichen Stadtgrenze bei Pullach bis zur Lindwurmstraße in Sendling, radlerfreundlich entschärft und ergänzt werden. Die Wolfratshauser Straße (B 11) und die Plinganserstraße, um die es dabei geht, gelten als Hauptverkehrsrouten und gefürchtete Sicherheitsfallen. Es gibt nicht viele verkehrspolitische Defizite, die Radler in München und im Landkreis mehr beklagen.

Im Zuge des Ausbaus der Wolfratshauser Straße soll zwischen der Josefinenstraße und der Siemensallee die problematischste Lücke endlich geschlossen werden. Dafür hat das Münchner Baureferat verschiedene Varianten untersucht. Favorisiert wird eine Lösung, bei der Geh- und Radwege überwiegend zusammen fallen und nicht getrennt geführt werden. Der Bezirksausschuss hatte dem im September 2017 bereits zugestimmt, doch in der letzten Sitzung des Jahres im Dezember begann ein Umdenken, ausgelöst durch einen Sollner Bürger. Dieser wies eindringlich auf eine zu erwartende Zunahme des Radverkehrs und auf Bushaltestellen hin, an denen ein reibungsloses Miteinander aller Verkehrsteilnehmer schon jetzt nicht funktioniere, wie beim Krankenhaus Martha Maria. Von einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung leitete der Antragsteller überdies die Forderung ab, die Geh- und Radwege jeweils zwei Meter breit zu planen, wie dies nördlich der Siemensallee bereits realisiert worden sei. Das ist in der städtischen Vorlage so nicht vorgesehen.

Gefahrlos vom Landkreis in die City

Der Bezirksausschuss (BA) Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln machte sich rasch die Forderung zu eigen, an der Wolfratshauser Straße "keine halben Sachen" zu planen und auf ein großzügiges Wegekonzept zu dringen. Aber die Erfahrungen mit der Forstenrieder Allee hätten gezeigt, "dass es zu Problemen führt, wenn man Geh- und Radweg nicht trennt", erklärte Peter Sopp (Grüne). Andere BA-Mitglieder warnten jedoch vor Eingriffen ins Landschaftsschutzgebiet, vor Verzögerungen oder einer Kostenlawine. Denn die Stadt müsste Grundstücke für den Umbau der Wolfratshauser Straße wohl erst teuer erwerben. Schließlich einigte sich der BA auf die Formulierung, die Stadt solle aufzeigen, unter welchen Voraussetzungen eine andere Planung möglich wäre.

Um Radlern eine schnelle, gefahrlose Verbindung vom Landkreis in die City zu ermöglichen, ergibt sich auch an der Plinganserstraße erheblicher Handlungsbedarf. Auf einer Länge von 350 Metern sind dort keine durchgängigen Radverkehrsanlagen vorhanden, der Radverkehr wird auf der Fahrbahn, also gemischt mit Kraftfahrzeugen geführt. Dabei ist die Plinganserstraße im Verkehrsentwicklungsplan als "Hauptverkehrsstraße mit maßgeblicher Verbindungsfunktion" ausgewiesen. "In der Konsequenz ist das Trennen des Radverkehrs vom Kraftfahrzeugverkehr aus Sicherheitsgründen geboten", heißt es denn auch in einer Sitzungsvorlage des Planungsreferats. Und: "Die Realisierung von Radverkehrsanlagen wäre ein wichtiger Lückenschluss für die Radfahrbeziehungen zwischen Sendling und der Innenstadt."

An konkreten Maßnahmen schlägt das Referat unter anderem Markierungen, eine Änderung der Parkregelungen für den ruhenden Kfz-Verkehr, eine Verschmälerung der Fahrspurbreite für Autos auf 6,50 Meter sowie Knotenpunkte mit gleichbleibender Fahrstreifenzahl für den Kfz-Verkehr vor. Auswerten kann die Stadt dabei die Ergebnisse eines Verkehrsversuchs, den das Kreisverwaltungsreferat mit Blick auf den Endausbau des Platzes Am Harras im Bereich Plinganserstraße/Lindenschmitstraße, Fahrtrichtung Süd, gestartet hatte. Damals wurde mit Markierungen in kurzen Abschnitten gearbeitet, um die Auswirkungen einer Fahrstreifenreduktion für den Kfz-Verkehr zu testen. Probleme mit der einstreifigen Lösung habe man durch "signaltechnische Anpassungen" beseitigen können. Dank des positiven Ergebnisses des Verkehrsversuchs mit Gewährleistung der Leistungsfähigkeit des fließenden Kfz-Verkehrs sei am Harras aus der Hilfsmarkierung inzwischen eine Dauerlösung geworden, so das Fazit des Planungsreferats. Entscheidend sei, dass an der Plinganserstraße eine "durchgehende Radverkehrsinfrastruktur" geschaffen wird.

© SZ vom 15.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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